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Über Scherben wandeln

■ Schöner Musikbruch: „Splittersonate“ mit Alexander von Schlippenbach & Cons. im KITO

Fast ein All-Star Ensemble des europäischen Jazz hatte sich am Montagabend im KITO zu Vegesack eingefunden. Am Flügel: Alexander von Schlippenbach, Leiter einer der Top-Formationen des europäischen Jazz, des Globe Unity Orchestra, und herausragender Pianist des europäischen Freejazz. „Splittersonate“ hatte das Sextett sein Programm betitelt. Und in der Tat brachten sie ein schillerndes, facettenreiches Mosaik von Klang- und Tonsplittern zu Gehör.

Wolfgang Fuchs bewegte sich auf Sopranino und Baßklarinette fast ausschließlich im überblasenen Bereich, blies verhaltene, geqetschte Töne, die sich nur manchmal zu aufgeregten Hühnerhof-Impressionen steigerten. Ähnlich arbeitete Günther Christmann an der Posaune. Im Vordergrund auch bei ihm: überblasene, geschmatzte, gehauchte, oft mit Stopfen zusätzlich gedämpfte Töne. Der Bremer Torsten Müller ließ seinen Baß knarren, quietschen und jammern - bloß leider, trotz teilweise recht wilden Spiels, über weite Strecken kaum zu hören.

Tristan Honsinger, für seine clowneske Ader bekannt, zog auch am Montag die Aufmerksamkeit oft auf sich. Er steuerte mit seinem Cello immer wieder melodische Fragmente bei, die er mit Knurren, wildem Fußgetapse oder nölendem Gesumme begleitete. Neben Honsinger war es vor allem, vom Flügel her, Schlippenbach, der oft kurze Harmonien einstreute, klassisch bis swingend angehaucht, abgelöst von freien, pausenbetonten Läufen.

Johansson kratzte, schrabbte und schabte, u.a. mit einem Paar Schuhspannern, auf seinen Toms und Becken und schnitt dazu sein Buster-Keaton-Gesicht. Rhythmische Sequenzen, auch schon mal mit dem Handtuch geschlagen, dosierte er sehr sparsam. Ab und an legte er sich das Akkordeon um, das kurioserweise mit einem Auto-Rückspiegel versehen war, und ließ traurig-stockende oder wimmernde Töne hören, oder rezitierte maritime Dadaismen (“mit wogen-den Well-en kämpfende Nuß-ß-ß- schalenformationen“).

Diese nebeneinander stehenden, sich überschneidenden, miteinander verzahneneden Klang- und Geräuschsplitter bildeten ein in weiten Teilen verhaltenes, filigran-luftiges Klanggewebe, in dem auch Löcher hörbar waren und in das nur selten expressive Tupfer gesetzt wurden. Wegen mir hätten es ruhig ein bißchen mehr sein können. Für die Dynamik und Verdichtung dieses Klanggewebes sorgten vor allem die Beiträge Schlippenbachs und Honsingers, z.T. auch Johanssons. Die „Splittersonate“ lag ganz auf der Linie der Hauptentwicklung des europäischen Freejazz: weg vom expressiven Powerplay der frühen Jahre. Spannend zu hören; und die erstaunlich wenigen BesucherInnen spendeten umso reichlicher Beifall. Arnaud

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