: US–Präsident Reagan: AIDS–Tests für Häftlinge und Paare
■ Die US–Staaten sollen Tests für Heiratswillige anbieten / Rede aus Anlaß der Dritten Internationalen AIDS–Konferenz / 5.000 Wissenschaftler informieren sich in Washington
Washington (ap/afp) - Der amerikanische Präsident Reagan hat bekanntgegeben, er werde alle Häftlinge in Bundesgefängnissen auf AIDS testen lassen. In einer Rede aus Anlaß der am Montag in Washington beginnenden Dritten Internationalen AIDS–Konferenz kündigte Reagan außerdem an, er wolle die einzelnen US–Staaten dazu auffordern, Heiratswilligen Tests auf AIDS anzubieten. In seiner ersten größeren Rede zu der AIDS–Epidemie erklärte Reagan bei einem Wohltätigkeitsessen für die Amerikanische Stiftung für AIDS–Forschung außerdem, AIDS werde auch in die Liste jener Erkrankungen aufgenommen, bei deren Vorliegen einem Einreisewilligen der Aufenthalt in den Vereinigten Staaten verwehrt werden könne. Auch die Lage in anderen amerikanischen Bundeseinrichtungen, wie zum Beispiel in Veteranenkrankenhäusern, solle überprüft werden, um zu sehen, ob auch dort AIDS–Tests vorgenommen werden sollten. „Nur bedingt“ sprach sich der Präsident für obligatorische Reihenuntersuchungen aus. Das Thema Reihenuntersuchungen für AIDS ist auch in den USA sehr umstritten, und eine Stellungnahme von Reagan war seit einiger Zeit erwartet worden. Erziehungsminister William Bennett wollte in Einklang mit den konservativen Kräften des Landes diese Tests auf alle Krankenhauspatienten und Gefängnisinsassen ausweiten. Dagegen hatte sich insbesondere der von Reagan eingesetzte „Oberarzt“ des Landes, Everett Koop, und die Amerikanische Union für Bürgerfreiheiten (ACLU) ausgesprochen. Die Buh–Rufe aus dem Publikum konnte sich Koop nur durch ein „Mißverständnis“ erklären. Reagan habe nicht nach „Zwangstests“ gerufen, sondern „Reihenuntersuchungen“ gefordert. „Dies erfordert Dringlichkeit, aber keine Panik, Mitleid und keine Schuldzuweisungen. Und es verlangt Verständnis, und keine Gleichgültigkeit“, erklärte Reagan. Außerdem sei es wichtig, daß die Erkrankten nicht zurückgestoßen, sondern mit Würde und Freundlichkeit behandelt würden. Es gelte, das Leiden zu vermindern und nach einer Heilungsmöglichkeit zu suchen. „Dies ist ein Kampf gegen die Seuche, nicht gegen unsere Mitbürger“, sagte Reagan. An der AIDS–Konferenz in Washington nehmen etwa 5.000 Wissenschaftler teil. Veranstaltet wird die Tagung vom US–Gesundheitsministerium und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Forscher wollen sich über den Stand der Erkenntnisse über Ursachen, Verbreitung und Behandlung der tödlichen Krankheit kundig machen. Seit 1981 sind rund 35.000 Amerikaner an AIDS erkrankt, und 20.000 von ihnen sind bereits gestorben.
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