: USA weniger sozial
■ Repräsentantenhaus beschließt drastische Kürzungen der Sozialhilfe
Washington (AFP/wps) – Das US-Repräsentantenhaus hat am Donnerstag einen Gesetzentwurf zur Einschränkung der Sozialhilfe gebilligt. Die Entscheidung über die von den Republikanern eingebrachte Vorlage fiel mit 256 zu 170 Stimmen. 30 Abgeordnete der Demokraten stimmten für die Reform. Über den Gesetzentwurf wird in den nächsten Tagen im Senat abgestimmt. Erwartet wird diesmal, daß nach einigen Detailverhandlungen US-Präsident Bill Clinton am Schluß zustimmt und nicht wie bei den beiden letzten Vorlagen des US-Kongresses zur Sozialhilfereform sein Veto einlegt. Michael McCurry, Sprecher des Weißen Hauses, nannte den Gesetzentwurf eine „Verbesserung“ gegenüber früheren Vorschlägen und schloß ein Veto des Präsidenten so gut wie aus.
Nach den Vorstellungen des Repräsentantenhauses würden damit folgende Kürzungen Realität: Der Bezug von staatlicher Hilfe wird pro Person auf fünf Jahre beschränkt. Das Anrecht auf automatische finanzielle Unterstützung durch den Bund wird abgeschafft. Die einzelnen Bundesstaaten erhalten die Möglichkeit, ihre Sozialhilfegelder innerhalb gewisser Grenzen nach eigenem Geschmack auszugeben – zum Beispiel, indem sie unverheirateten Müttern oder illegalen Einwanderern überhaupt nichts zahlen.
Sollte das Gesetz in Kraft treten, verlieren rund 40 Prozent der 13 Millionen Sozialhilfeempfänger in den USA die staatliche Unterstützung. Kritiker warnen, die Umsetzung der Reform könne eine Million Kinder in Armut stürzen. Die Republikaner halten dem entgegen, sie hätten seit ihren letzten Vorschlägen Zugeständnisse gemacht. Dennoch handelt es sich um die weitreichendste Kürzung des ohnehin mageren US-Wohlfahrtstaates seit sechzig Jahren. Der republikanische Abgeordenete Clay Shaw sprach bei der Debatte von einem „historischen Gesetz“, das „Millionen Amerikaner vor einem korrupten Wohlfahrtssystem retten“ werde.
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