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USA entmündigen

betr.: „Sprengsatz für die Nato“ (US-Atomwaffen), „US-Atomwaffen schrecken Europäer kaum“, u. a. taz vom 12. 3. 02

Sechs Monate sind ein Zeitraum, in dem Fleischwurst seine Farbe erheblich ins Grünliche wechselt. Sechs Monate sind aber auch ein Zeitraum, in dem man meinen könnte, dass blinder Aktionismus überwunden werden könnte. Entgegen dieser allgemeinen Annahme scheint die Bush-Administration erst jetzt so richtig in Schwung zu kommen.

Ganz unvermittelt erklärt der texanische Rinderzüchter fast die Hälfte der Erdkugel zum potenziellen Feind und hält ihnen Atomraketen unter die Nase. Da helfen auch keine Beschwichtigungsversuche. Mehr noch als ein Spielzeug für Machtpolitiker mit Minderwertigkeitskomplexen und Angriffswaffe, ist die Atombombe Symbol für globale Besitzansprüche und superlative Aggressoren. Und nicht zuletzt ist sie auch zu einem Symbol für eine Ära geworden, die durch Vernunft und Verstand beendet worden ist. Dieser Zug der Amerikaner wirkt nicht nur wie das Brunftgebalz einen testosterongeplagten Jungtieres, sondern ist ein Schlag ins welthistorische Gesicht der Menschen, die für das Ende das Ost-West-Konfliktes gekämpft haben. Und die Europäer dafür zu rügen, dass sie diesem Unsinn nicht blind folgen, ist der Zenit amerikanischen Größenwahns. Übertroffen nur noch von der Aussage, Europa müsse den amerikanischen Verbündeten helfen, weil schließlich die Amerikaner den Europäern nach dem Zweiten Weltkrieg auch geholfen hätten. Eine solche Aussage lässt über Entmündigung nachdenken.

Als sei nicht ein „Amerikanischer Menschenrechtsbericht“ und Sprüche wie „Wir müssen verhindern, dass Leute, die keinen Respekt vor dem Leben haben, die Instrumente des Todes kontrollieren“ schon Eigenkarikatur genug, drängen sich die Amerikaner in eine Position, in der selbst der opportunistischste europäische Staat nicht mehr uneingeschränkt mitziehen kann und nicht mitziehen darf, wenn es sich um eine staatenbezogene Generalverteufelung unter Ausschluss der Unschuldsvermutung handelt.

Eines muss man den Amerikanern und ihrem Präsidenten lassen: Wenn sie etwas machen, machen sie es richtig. Meist richtig schlecht zwar, aber immerhin nicht halbherzig. So haben es unsere Verbündeten geschafft, innerhalb eines halben Jahres die Welt in zwei Parteien zu teilen – die Guten und die Schlechten. Dafür haben andere Leute zu anderen Zeiten viel länger gebraucht.

BENJAMIN MASUCH, Weinbach

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