Urteil gegen US-Präsident: Trump, der Zerstörer

Auch für US-Präsident Donald Trump gelten die Gesetze, urteilt der Oberste Gerichtshof. Seine Reaktion zeigt, welche Gefahr er darstellt.

Donald Trump zieht eine Grimasse.

Nicht sehr begeistert: Auch Trump muss seine Steuerunterlagen offen legen Foto: Kevin Lamarque/reuters

Bei US-Präsident Donald Trump klemmte wieder einmal die Feststelltaste für Großbuchstaben: „POLITISCHE HEXENJAGD!“ twitterte Trump, und „PROSECUTORIAL MISCONDUCT!“ (verfehlte Strafverfolgung, in etwa). Dann ging es klein weiter: “Ich gewann die Mueller-Hexenjagd und andere, jetzt muss ich im politisch korrupten New York weiterkämpfen. Nicht fair für diese Präsidentschaft oder Regierung!“, so twitterte Trump in wenigen Stunden am Donnerstag.

Dabei war eigentlich nur etwas geschehen, was in jedem Rechtsstaat selbstverständlich ist: Mit 7 zu 2 Richterstimmen hatte der Oberste Gerichtshof der USA – zum wiederholten Mal – entschieden, dass die Gesetze auch für den Präsidenten gelten und Trump daher verpflichtet ist, den New Yorker Steuerermittlern seine Steuerunterlagen zur Verfügung zu stellen. Das Besondere war diesmal vielleicht, dass es überhaupt zwei Richter – die Erzkonservativen Clarence Thomas und Samuel Alito – gab, die das anders sahen.

Trumps wütendes Herumgebollere folgt dem immer gleichen Muster: Er missachtet sämtliche politischen, ethischen und rechtlichen Regeln, und wenn ihm dann – was dank des Duckmäusertums der Republikanischen Partei nur selten vorkommt – jemand auf die Finger klopft und sagt, dass das so nicht geht, fühlt er sich von finsteren Mächten verfolgt.

Und vor allem: Nur ihm passiere das, während alle anderen, insbesondere sein Vorgänger Barack Obama, mit ihren „Verbrechen“ ungeschoren davon kämen.

Größte Herausforderung für die US-Demokratie

Trump will Präsident sein, aber das Regieren interessiert ihn nicht. Sein unternehmerisches wie politisches Leben kennt nur ein Ziel: Dein eigenen Reichtum mehren und sich selbst überhöhen. Wollte er regieren, hätte er – wie andere Regierungschefs – die Corona-Pandemie als Riesenchance erkannt: Wie in Kriegszeiten schauen die Menschen auf die Führung, politische Differenzen können als nachrangig erklärt werden.

Krisen sind die Stunde der Exekutive – wenn sie sich denn als vorausschauend, vernünftig, entschlossen und fähig erweist, auf Herausforderungen angemessen zu reagieren. Trump ist nichts davon. Er kann Krisen höchstens dann lösen, wenn er sie selbst verursacht hat, und meist nicht einmal dann. Sein einziges Mittel: Feinde ausmachen und bekämpfen, überall und andauernd.

Trumps Präsidentschaft, das war schon bei seinem Wahlsieg absehbar und hat sich seither bewahrheitet, ist die größte Herausforderung für die Institutionen der US-amerikanischen Demokratie in der jüngeren Geschichte. Als er sein Amt antrat, fragten sich die politischen Kommentator*innen unisono, ob das System stark genug sei, um jemanden wie Trump zu überstehen. Die meisten waren zuversichtlich.

Aber der Optimismus schwand zusehends, je länger Trump im Weißen Haus saß. Denn er zeigte sich nicht nur als nicht lernfähig: Er erklärte genau jenen Kontrollmechanismen den Krieg, die für einen Rechtsstaat unverzichtbar sind, und erklärte sie zu Instrumenten eines „Deep State“ – zur Rettung des Establishments vor den wahren Veränderungen, die er durchsetzen wolle.

Radikalisierte, verfassungsfeindliche Masse

Damit untergräbt er auf fatale Weise die Grundlagen des demokratischen Systems. Die Zerstörung des US-Regierungsapparates, die sein erster Politstratege, der rechtsradikale Stephen Bannon, angekündigt hatte, setzt Trump auch ohne ihn fort. Ob Trump im November die Wiederwahl schaffen wird, ist offen. Derzeit liegt er hinten, aber vier Monate sind in US-Wahlkämpfen eine lange Zeit.

Aber völlig unabhängig davon muss nach dreieinhalb Jahren präsidentiellen Dauerbeschusses gegen Medien, Justiz und die parlamentarische wie außerparlamentarische Opposition davon ausgegangen werden, dass die immer noch gut 40 Prozent der US-Wähler*innen, die ihm ihre Stimme geben wollen, seine Weltsicht teilen. Das macht sie objektiv zu einer riesigen, radikalisierten, verfassungsfeindlichen – und obendrein bewaffneten – Masse. Was das mit den USA macht, wird womöglich erst nach Trumps Abgang wirklich deutlich werden, falls seine Abwahl im November gelingt. Bleibt er weitere vier Jahre im Weißen Haus, werden die USA danach nicht wiederzuerkennen sein.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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