piwik no script img

US-Marines landen in Liberia

■ US-Bürger und Radiosender sollen geschützt werden / Taylor ruft zu Widerstand gegen die „Ausländer“ auf / Zieht sich die NPF in den Norden zurück? / Nigeria plant afrikanische Intervention

Monrovia/Nairobi (ap/dpa/afp) - Eine 225 Mann starke Einheit der US-Marineinfanterie hat am Sonntag mit der Evakuierung von US-Bürgern aus dem vom Bürgerkrieg zerrütteten Liberia begonnen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, sagte, die Marinesoldaten würden die amerikanische Botschaft sichern und die bei zwei Stationen des US-Auslandssenders „Voice of America“ nahe Monrovia tätigen US-Bürger schützen und evakuieren. Die Soldaten seien auf keinerlei Widerstand gestoßen. Noch am Freitag hatte Washington eine militärische Evakuierung der noch etwa 400 in Liberia lebenden amerikanischen Staatsbürger ausgeschlossen. In US-Einrichtungen in Liberia befinden sich etwa 80.000 Liberianer, die vor dem blutigen Bürgerkrieg geflohen sind. Die 225 Marinesoldaten sind Teil einer 4.000 Mann starken Truppe, die seit Monaten auf vier US-Kriegsschiffen vor der liberianischen Küste stationiert ist.

Die Aktion der USA ist eine Reaktion auf die Drohung des Rebellenführers Prince Johnson, der am Samstag die Gefangennahme sämtlicher in der Hauptstadt Monrovia lebender Ausländer angekündigt hatte. Damit wolle er eine internationale Intervention in Liberia provozieren. Seine Anhänger würden am Montag insbesondere Amerikaner, Libanesen, Briten und Inder gefangennehmen und „an einen geheimen Ort“ bringen, sagte Johnson. Es werde ihnen nichts geschehen. In Monrovia leben noch etwa 2.000 Ausländer. Aus dem Auswärtigen Amt in Bonn verlautete am Sonntag, die Evakuierung der deutschen Staatsbürger aus Liberia werde noch nicht für dringlich gehalten. Im übrigen gelte das Angebot der USA, Deutsche im Evakuierungsfall mit zu berücksichtigen.

Der gegen Prince Johnson und den bisherigen liberianischen Präsidenten Doe kämpfende NPF-Führer Charles Taylor rief in einer Rundfunksendung Zivilisten und Kämpfer dazu auf, den amerikanischen Soldaten Widerstand zu leisten. Sie sollten das Land gegen die Ausländer verteidigen, hieß es in einer Sendung aus Yekepa in Nordliberia. Die Guerillaverbände Taylors und Johnsons hatten sich am Freitag im Norden Liberias heftige Kämpfe geliefert. Einige NPF-Soldaten gaben an, daß zahlreiche Kämpfer die Belagerung Monrovias aufgegeben hätten und in den Norden zurückgekehrt seien.

Regierungsvertreter mehrerer westafrikanischer Staaten beraten heute in Gambia über die Entsendung einer gemeinsamen Flotte nach Liberia. Die BBC meldete unter Berufung auf nigerianische Quellen, Nigeria bereite eine Intervention mit Hilfe seiner Marine vor. Auch Truppen aus Ghana, Guinea und Sierra Leone sollten an dem Unternehmen teilnehmen. Zwei nigerianische Kriegsschiffe sollen einsatzbereit im Hafen von Freetown, der Hauptstadt Sierra Leones, liegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen