: US-Krise trifft auch deutsche Banken
Für die in den Hypothekenstrudel geratene IKB-Bank startet die deutsche Bankenbranche eine gemeinsame Rettungsaktion. Anleger werden misstrauisch gegenüber den Risiken anderer Banken. Die ersten Übernahmedeals geraten ins Stocken
VON NICOLA LIEBERT
Erst geriet durch die US-Immobilienkrise die IKB Deutsche Industriebank ins Trudeln, die sich mit amerikanischen Hypotheken verspekuliert hatte. Jetzt werden Fragen nach der Stabilität anderer deutscher Banken laut. Die bundeseigene KfW-Bank hatte sofort eine Bürgschaft über 8 Milliarden Euro für die IKB bereitgestellt, an der sie mit 38 Prozent beteiligt ist, um eine Ausweitung der Krise zu verhindern. Offenbar hatten andere Banken der IKB Kreditlinien eingeräumt und wären im Fall ihres Kollapses ebenfalls betroffen.
Inzwischen sieht sich die gesamte deutsche Bankenbranche genötigt, sich an der Rettungsaktion zu beteiligen. „Wir haben großes Interesse an der Stabilität des deutschen Finanzplatzes“, erklärte ein Sprecher des Sparkassenverbands. Auf 3,5 Milliarden Euro wird das tatsächliche Ausfallrisiko geschätzt. Die KfW-Spitze trat unterdessen zu einer Sondersitzung zusammen.
Die Krise der US-Hypothekenfinanzierer zieht inzwischen weltweite Kreise: Vorgestern erwischte es mit American Home Mortgage eine Hypothekenbank, die auf Kunden mit durchaus hoher Kreditwürdigkeit spezialisiert war. Die US-Investmentbank Bear Stearns musste ihren dritten Hedgefonds dichtmachen, der mit Hypotheken spekuliert hatte. Als Nächstes kamen Meldungen aus Australien über schlingernde Fonds. Und jetzt Deutschland. Der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Jochen Sanio, habe vor der größten Bankenkrise seit 1931 gewarnt, zitiert die FTD Insider.
Wie misstrauisch die Anleger derzeit sind, erlebte die Deutsche Bank: Obwohl sie einen Rekordgewinn präsentierte, knickte der Kurs ihrer Aktie ein – weil sich die Bank bei der Bilanzvorstellung über ihre Risiken am Kreditmarkt sehr bedeckt hielt. Die Zeit der großzügigen Kreditvergabe durch die Banken dürfte jedenfalls erst mal vorbei sein. Bisher konnten die Banken die Schuldscheine einfach an Fonds oder an andere Banken weiterverkaufen. Weil damit auch die Kreditrisiken aus den Büchern der Banken verschwanden, verzichteten sie auf die sonst üblichen Risikoaufschläge. Selbst für gewagte Deals waren deshalb Kredite billig zu bekommen. Doch plötzlich will niemand mehr den Banken die Wertpapiere abkaufen, deren Risiken nun deutlich zu Tage treten.
Private-Equity-Fonds, die Unternehmen mit Hilfe geliehenen Geldes schlucken, sind die Ersten, deren Geschäftsmodell nun in Frage steht. Drastischstes Beispiel: Der US-Finanzinvestor Cerberus bekommt nicht das nötige Geld für die Übernahme des Automobilherstellers Chrysler zusammen. Auch andere Deals sind längst nicht in Sack und Tüten, wie die schon vor einem halben Jahr angekündigte Übernahme des texanischen Energiekonzerns TXU durch drei Private Equity Fonds für sagenhafte 44 Milliarden Dollar. Weil die Banken, die die Finanzierung zugesagt hatten, die Kredite nicht weiterreichen konnten, haben sie bislang die nötigen Summen nicht ausgezahlt.
Das Ende des Übernahmebooms bringt auch den Börsenboom ins Stocken. Der Deutsche Aktienindex DAX verlor am Mittwoch erneut 1,5 Prozent. Und im ZDF warnte der Wirtschaftswissenschaftler Wolfgang Gerke, dass deutsche Häuslebauer künftig womöglich mit höheren Hypothekenzinsen rechnen müssten.