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US-Bürger Wu in China verurteilt

■ Der Menschenrechtler soll wegen Spionage für 15 Jahre ins Gefängnis. Aber die vom Gericht zugleich verfügte Ausweisung läßt die Möglichkeit für einen Kompromiß offen. Jetzt wird in Peking verhandelt.

Peking/Washington (AP/AFP/ wps) – Wann wird Harry Wu abgeschoben? Nach der Verurteilung des US-Menschenrechtlers in China zu 15 Jahren Haft dürfte dies die zentrale Frage sein, die der amerikanische Staatssekretär Peter Tarnoff in seinen Gesprächen mit chinesischen Regierungsvertretern in Peking anschneiden wird. Tarnoff traf gestern in der chinesischen Hauptstadt ein. Er ist der höchstrangige US-Vertreter, der China besucht, seit sich die Beziehungen beider Länder im Juni durch die Einreiseerlaubnis für den taiwanesischen Präsidenten Lee Teng-hui in die USA drastisch verschlechtert hatten.

Wu war nach Angaben der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua von einem Gericht in der Stadt Wuhan der Spionage und der Verbreitung von Staatsgeheimnissen für schuldig befunden worden. Gleichzeitig hieß es, Wu solle aus China abgeschoben werden. Doch wurde zunächst nicht bekannt, wann der 58jährige ausgewiesen werden soll und ob er seine Strafe absitzen muß. Xinhua zufolge kann Wu binnen zehn Tagen Beschwerde gegen das Urteil einlegen. Der Pressesprecher der dortigen US-Botschaft, Robert Laing, gab gestern bekannt, daß Wu keine Berufung einlegen werde. Die US- Regierung forderte nach Bekanntwerden des Urteils die umgehende Freilassung des Menschenrechtlers. Wu war am 19. Juli an der chinesisch-kasachischen Grenze festgenommen worden. Die chinesische Regierung wirft ihm vor, bei einer Reise im April und Mai vergangenen Jahres mehrfach gesperrte Gebiete betreten und spioniert zu haben.

Wu hat 19 Jahre in chinesischen Gefängnissen verbracht, ehe er 1985 in die USA auswanderte. Er hatte den chinesischen Justizvollzug scharf kritisiert und immer wieder auf grobe Menschenrechtsverletzungen in chinesischen Gefängnissen aufmerksam gemacht. Bei seinen Reisen nach China gab er sich als Geschäftsmann oder Polizist aus, suchte Zutritt zu Arbeitslagern von Gefangenen, filmte mit versteckter Kamera und sammelte Beweise für Menschenrechtsverstöße. In einem Krankenhaus gab er sich als potentieller Käufer von Organen von Hingerichteten aus. Auf diesen Recherchen basierte eine Dokumentation der britischen Rundfunkanstalt BBC über den chinesischen Organhandel.

Die Ehefrau des Menschenrechtlers, Ching Lee Wu, appellierte gestern in Genf an Hillary Clinton, die Frauenkonferenz in Peking zu boykottieren. Bereits zuvor hatten Menschenrechtler in den USA und Vertreter der republikanischen Mehrheit im Senat gefordert, die First Lady solle ihre Teilnahme an der Konferenz von der Freilassung Wus abhängig machen. Ein Sprecher der US-Administration hatte am Dienstag erklärt, die Reise Hillary Clintons und das Schicksal Wus seien „nun auf die eine oder andere Weise miteinander verbunden, auch wenn es gewichtige Argumente dafür gibt, diese Verknüpfung nicht zu machen“.

Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die chinesische Polizei im Vorfeld der Frauenkonferenz die Bürgerrechtlerin Ding Zilin festgenommen. Auch ihr Ehemann Jiang Peikun sei festgenommen worden, teilte gestern die Menschenrechtsorganisation Human Rights in China mit. Die beiden seien bereits am 18. August von aus Peking gekommenen Sicherheitskräften in der ostchinesischen Stadt Wuxi aufgegriffen worden. Seither hätten Verwandte und Freunde keine Nachricht mehr von dem Ehepaar. Die chinesische Polizei habe allem Anschein nach befürchtet, daß Ding zur UN-Frauenkonferenz nach Peking wolle. Das habe diese aber gar nicht vorgehabt. Als Begründung sei lediglich angegeben worden, sie hätten wirtschaftliche Probleme. Wohin die beiden Dissidenten gebracht wurden, ist unbekannt.

Das Ehepaar hatte sich von der Regierung abgewandt, nachdem ihr damals 17 Jahre alter Sohn während der Demokratiekundgebung auf dem Tiananmen-Platz am 4. Juni 1989 erschossen worden war. Ding sammelt seitdem Informationen über die Opfer der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung.

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