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U–Boot–Affaire: Bonn mauert weiter

■ Ausschußvorsitzender Penner (SPD): Verteidigungsministerium schweigt sich aus / Auch Gespräche im Kanzleramt unergiebig / Kanzlerberater Teltschik zur möglichen Vernehmung Kohls: Der Kanzler steht bereit

Bonn (dpa) - Etwa 30 Zeugen sollen vor dem Untersuchungsausschuß zur Aufklärung der U– Boot–Affaire gehört werden. Dies teilte der Ausschußvorsitzende, der SPD–Politiker Penner, am Donnerstag in einem Gespräch mit dpa mit. Das Gremium, das seine Arbeit in der nächsten Woche aufnimmt, soll die Umstände des illegalen Verkaufs von U– Boot–Plänen durch die bundeseigene Howaldtswerke–Deutsche Werft AG (HDW) in Kiel und das Ingenieurkontor Lübeck (IKL) nach Südafrika klären und untersuchen, inwieweit Bonner Regierungsstellen - bis hin zum Bundeskanzler - davon wußten. Aufgrund eines Geschäftsordnungsantrags der Koalitionsabgeordneten im Ausschuß war die erste Ausschußsitzung vor Weihnachten im Eklat geplatzt. CDU und FDP hatten die Abstimmung über die Beschlußanträge der Opposition auf diese Weise verhindert, so daß dem Ausschuß keine Akteneinsicht möglich war. Penner, der daraufhin in den vergangenen Tagen eine Reihe von Gesprächen geführt hatte, sagte, er sei dabei auf unterschiedliche Auskunftsbereitschaft gestoßen. Das Finanz– und Wirtschaftsministerium sowie das Auswärtige Amt hätten sich „entgegenkommend verhalten und zugesagt, Unterlagen aus ihren Ressorts rechtzeitig zur Verfügung zu stellen sowie Zeugen zu benennen“. „Befremdlich und irritierend“ sei dagegen das Verhalten des Verteidigungsministeriums. Trotz vieler Bemühungen sei es ihm bislang nicht gelungen, dort einen Kontakt herzustellen. Penner kündigte an, daß er an Verteidigungsminister Wörner (CDU), der sich alle Auskünfte zu der Angelegenheit persönlich vorbehalten hat, noch in dieser Woche einen „Erinnerungsbrief“ schreiben werde, damit der Ausschuß seine Arbeit mit den Informationen beginnen könne. Auch bei seinen Gesprächen im Kanzleramt habe er „kein besonders kooperatives Verhalten“ registriert. Sein Gesprächspartner, der außenpolitische Kanzlerberater Teltschik, habe ihm mitgeteilt, daß es in seiner Abteilung sowie in der des für die Geheimdienste zuständigen Staatssekretärs Schreckenberger keine schriftlichen Unterlagen gebe, die zur Aufhellung beitragen könnten. Auf seinen Hinweis, daß Bundeskanzler Helmut Kohl noch vor der Bundestagswahl am 25. Januar als Zeuge vor dem Ausschuß in Betracht komme, habe Teltschik erwidert, dieser sei „darauf eingestellt“. Kohl soll dabei insbesondere über den Verlauf des Gesprächs mit dem südafrikanischen Regierungschef Pieter Botha im Juni 1984 berichten, bei dem das U– Boot–Geschäft erörtert wurde. Penner sieht eine gute Chance, in den jetzt vereinbarten elf Ausschußsitzungen bis zum Ende der Wahlperiode im Februar bei der Aufklärung „ein gutes Stück“ voranzukommen. Am ersten Sitzungstag am 7. Januar sollen sich nach der Beschlußfassung über die Beweisanträge vor dem Ausschuß Beamte der Oberfinanzdirektion Kiel, der Kieler Staatsanwaltschaft und der Generalbundesanwaltschaft über den Stand der Ermittlungen äußern.

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