: Tyrannenmord zum Machterhalt
betr.: „Kein Tyrannenmord“, taz vom 22. 3. 03
Was Reinhard Mawick über die Tyrannis in der griechischen und römischen Antike schreibt, entspricht einem verbreiteten romantisch verklärten Bild der athenischen „Demokratie“ bzw. der römischen Republik. Der Tyrann verletzte keineswegs demokratische Gemeinschaftsregeln, die etwa dem ganzen Volk zur Mitsprache verhalfen, sondern vielmehr die Privilegien der herrschenden Adelsschicht, im Falle Athens (und nur in der vergleichsweise kurzen Periode der Hochblüte) die Privilegien einer im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sehr kleinen Bürgerschicht.
Auch der Römer Cicero war selbstverständlich Mitglied des Adels und kein volksliebender Agitator, und Cäsar wurde auch von eben jener Schicht ermordet. Den Begriff Tyrannenmord aus der Antike heraus zu begründen und auf moderne Verhältnisse zu übertragen, ist also unmöglich, zumal es Leuten wie Cicero auch keineswegs um die Vermeidung von Opfern durch eventuell entstehende Gewaltherrschaften ging, sondern nur um den Erhalt der eigenen Macht. CHARLES KANE, München