■ Die Liberalen und die Rechten: Türöffner von Stahl
Nun also wird bei der FDP personalisiert, was schon lange programmatisch unter der Parteidecke waberte: Der „nationalliberale“ Flügel schickt Alexander von Stahl nach vorne. Der Exgeneralbundesanwalt, einst im Zusammenhang mit Bad Kleinen zurückgetreten, will die Berliner FDP mit seiner zweiten Politkarriere aus ihrem „Dauertief“ herausführen. Fragt sich nur: Wohin? Und vor allem: Mit wem? Die Kräfte, die von Stahl um sich versammelt hat, sind von einem geschlossenen Weltbild weit entfernt. Da treffen sich in Hintergrundzirkeln Preußenverehrer mit Haider-Sympathisanten, Geschichtsklitterer mit schlichten Opportunisten, vom Rexrodt- Kurs enttäuschte Mittelständler mit konservativen Sicherheitsfetischisten. Mit der Bezeichnung „Nationalliberale“ bedienen sich von Stahl und seine Unterstützer nur mehr der Hülle einer längst untergegangenen Strömung des Liberalismus, dessen Wiederbelebung im Nachkriegsdeutschland schon einmal scheiterte. Anders als in Westdeutschland aber, wo Ende der sechziger die Rechten verdrängt wurden, kommt ihnen in Berlin ihre Sonderrolle zugute. In der Frontstadt hielten unter von Stahls langjährigem Ziehvater, dem Justizsenator Hermann Oxfort, die Kalten Krieger innerhalb der FDP die rechte Stellung. Nun, da sich die Linksliberalen von Kompromiß zu Kompromiß bis zur Unkenntlichkeit verflüchtigten, scheint die Stunde der Türöffner gekommen zu sein: jener bewußtesten und entschlossensten Kräfte, die hinter von Stahl stehen und in ihm ohnehin nur ein Spielzeug für das sehen, was sie außerhalb der FDP nicht schaffen: eine rechte, nationale, aber eben keine liberale Partei zu etablieren. Severin Weiland
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