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Trübe Tage, medaillenlos

■ Nach dem kompletten österreichischen Triumph bei der WM-Abfahrt haben die deutschen Skifahrerinnen und ihr Verband Probleme mit den eigenen Ansprüchen und der Professionalität

Vail (taz) – Super G vorbei, Kombination vorbei, Abfahrt vorbei, und keine WM-Medaille für die deutschen Skifahrerinnen. Wolfgang Maier war ein gefragter Mann in dem Augenblick, da sich die Österreicherinnen Renate Götschl (1.), Michaela Dorfmeister (2.) und Stefanie Schuster (3.) nach der Abfahrt anschickten, im Zielraum der Piste „International“ in Vail das Siegespodest zu betreten. Der Cheftrainer der Frauen des Deutschen Ski-Verbandes (DSV) hielt sich an die Devise, daß Angriff die beste Verteidigung ist. „Ich bin keineswegs frustriert“, sagte er, „weil die Mädels ja keinen schlechten Sport gezeigt haben. Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen, sie haben alles versucht.“ Maiers Gesichtsausdruck wollte allerdings nicht so richtig zu seinen Worten passen.

Der Ehrgeizling Maier war gefangen zwischen zwei Gefühlen. Hier seine Enttäuschung über die nahezu sichere Gewißheit, Colorado ohne Medaille verlassen zu müssen, dort das Gespür, seine Athletinnen in Schutz nehmen zu müssen vor möglicherweise zu heftiger Kritik. Die stellten freilich selbst Verdrängungskünste unter Beweis. Hilde Gerg etwa erklärte, sie sei schon vor dem Start chancenlos gewesen. Abfahrt? „Da war ich sowieso nie so gut.“ Auf einem Hochgeschwindigkeitskurs? „Das ist überhaupt nicht meine Sache.“ Ansonsten laufe diese WM eben „ein bißchen blöd“.

Martina Ertl? Abfahrt? „Da bin ich ohnehin noch nie unter den ersten drei gewesen.“ Ihre nicht zufriedenstellenden Resultate? „Da kann man nix machen, man kann sich ja nicht auf den Kopf stellen.“ Regina Häusl wiederum fand es „gar nicht so schlecht, beste Deutsche zu sein“. Die 55 Hundertstel, die sie als Fünfte von der Bronzemedaille trennte, habe sie wohl bei den Sprüngen verloren, „die waren zu weit“. Ihre Schlußfolgerung: „Man kann nichts erzwingen, ich mache mir keinen Kopf.“

Für die 25jährige aus Schneizlreuth, die im Rufe eines Phlegmas steht, das sich das hektische Leben der Skivagabunden auf gut bayrisch-gemütliche Weise einzurichten weiß, mag das locker dahergesprochene Fazit tatsächlich zutreffen. Die Lenggrieser Kolleginnen Gerg und Ertl aber wurmt es, der zur Schau gestellten Lockerheit zum Trotz, daß sie in Vail am Podium vorbeifuhren.

Das Problem der deutschen Skifahrerinnen ist nicht öffentlicher Druck, noch sind es die erreichten WM-Resultate. Gerg zweimal Vierte, Ertl und Häusl je einmal Fünfte, das waren ja Spitzenplazierungen. Das Problem ist der eigene Anspruch und das Gefühl, dem nicht gerecht geworden zu sein. Oder schlimmer noch: die Sorge, ihm womöglich auch künftig nicht mehr gerecht werden zu können, gerade auch im Hinblick auf die Leistungsexplosion beim Nachbarn Österreich.

Davor ist auch der Cheftrainer nicht gefeit, was seine Reaktion in einer Runde mit deutschen Journalisten bewies. Da brachte Maier schon eine harmlose Frage nach Zukunftsperspektiven aus der Contenance. „Megadoof“ sei diese, weil die Hilde und die Martina „die Grundsubstanz haben, die Dinge wieder umzudrehen“.

Dabei geht es eigentlich um anderes, um Grundsätzliches, und Maier weiß das auch. Sieben Monate lang hat sich der Rennsportleiter des Skiausrüsters Völkl nicht beim deutschen Team sehen lassen. Beim Hickhack um die Skiauswahl mutierte das „mit höheren Umfängen“ betriebene Training fast zum reinen Skitest. Änderungen in der Verbandsstruktur sind überfällig: Der altgediente deutsche Pool-Manager Heinz Krecek nimmt nicht nur DSV-Interessen wahr, sondern widmet sich auch um Aufgaben im internationalen Verband FIS. Das immerhin soll ab April, wenn Kreceks Vertrag ausgelaufen ist, der Diplom-Betriebswirt Thomas Mayr – Sohn des früheren DSV-Cheftrainers Klaus Mayr – ändern.

Professionalität ist das Gebot der Stunde. Da sind die Österreicher dem Rest der Skiwelt „meilenweit voraus“, wie Wolfgang Maier selbst sagt. Vielleicht ist es deshalb sogar hilfreich, wenn Gerg & Co. für einmal nur gute Plazierungen erreichen, aber keine Medaillen gewinnen. Medaillen versperren nämlich gerne den Blick auf notwendige Maßnahmen. Ralf Mittmann

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