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Trudelnde Teddys ...

... im Raum: Eimsbütteler Café eröffnet neue Bärspektiven – für die Aids-Hilfe  ■ Von Ulrike Winkelmann

Der Raum hat Bett, Küchenschrank, Fernseher und Spielecke und ist voller Bären: Bären auf T-Shirts, Bären auf Klopapier, Keks- und Gummibären, Bären aus Plastik und natürlich aus Plüsch. Vorm Fernseher lachen sich zwei Vierjährige halbtot über Pooh, den Bären, im Gästebuch grüßt „Bärti“ und teilt mit, daß seine Tante Bärbel heiße.

„Der Bär“, sagt Gunnar Rettschlag, der die Bären-Ausstellung „Bärspektiven“ mit aufgebaut hat, „ist ein Symbol für Schutz und Kraft. Er ist ein Einzelgänger und kein echtes Raubtier, er vermittelt Sicherheit und Geborgenheit“, kurz: Der Bär ist ein Partner, und deshalb habe auch fast jedes Kind einen Teddybären. „Der Bär ermöglicht den Kindern, ihre Phantasie zu leben“, philosophiert Rettschlag.

Mit der Bären-Ausstellung im Eimsbütteler Café Axbax will Organisator Nicholas Ralph Spenden für die Aids-Hilfe sammlen und auf den Verein „Teddybears' Picnic“ aufmeksam machen. Teddybears' Picnic will in Anlehnung an den US-amerikanischen Verein PAWS (Pets are wonderful support) eine Betreuung für Haustiere von Aids-Kranken und an Aids Gestorbenen organisieren. Haustiere, sagt Ralph, „können den Krankheitsverlauf mildern“ und seien deshalb oft ungeheuer wichtig für AIDS-Erkrankte, verlangten ihrerseits jedoch auch eine Betreuung, die Kranke oft nicht zu leisten im Stande seien. „Mit der Teddybär-Ausstellung wollte ich hier in Hamburg das Interesse an dem Thema antesten“, so Ralph, „und habe dafür einen verspielten, nicht unbedingt so ernsten Weg gewählt.“ Man müsse der bundesdeutschen Bevölkerung eben auf die sanfte Tour kommen, meint Rettschlag, denn in Sachen Bewußtsein für Aids und Solidarität mit Aids-Erkrankten sei die Bundesrepublik „ein Entwicklungsland“. Dabei, wissen Rettschlag und Ralph, steigt die Anzahl der Erkrankungen unter Heterosexuellen derzeit stärker an als unter Homosexuellen.

Das Echo auf die Ausstellung war „lebhaft“, auch wenn insgesamt erst rund 800 Mark zusammengekommen sind. Die eigens für die Bärspektiven geschaffenen Kunstwerke – so etwa ein beeindruckend im blauen Raum trudelndes Teddy-Tryptichon – sind auch käuflich zu erwerben. Nicholas Ralph gibt zu, einen Teddybär-Tick zu haben, „vielleicht, weil ich aus Hartfield in Sussex, England, komme, wo auch Winnie der Pooh herstammt“, dem deutschen Publikum auch als Doppelgänger des Hamburger Autors und Übersetzers Harry Rowohlt bekannt. Der Bär sei kommerziell schon sehr ausgebeutet worden, gibt Rettschlag zu bedenken, und seitdem er für die Ausstellung gesammelt habe, sehe er „an jeder Ecke nur noch Bären“.

Bärspektiven, im Axbax, Bellealliancestraße, täglich ab 16 Uhr, bis 27. Dezember

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