piwik no script img

Trotz & Trost

■ „Le Chene - Der Baum der Hoffnung“ existentielles Kino aus Rumänien

Nela säuft den Schmerz weg. In der verwahrlosten Wohnung liegt sie im Bett, raucht, trinkt und schaut sich Super-8-Filme aus einer glücklichen Kindheit an, sehnsüchtiger Rückblick auf eine nicht mehr funktionierende Täuschung. Ihr Vater liegt tot neben ihr im Bett, Nela bricht im Bukarest der letzten Jahre des Ceaucescu-Regimes auf, um des Vaters letzten Wunsch zu erfüllen: Die Leiche der medizinischen Forschung zu überlassen.Vergeblich. Nicht Leichen, Kühlschränke zum Lagern sind knapp.

Seine Asche bekommt sie in einem Nescafe-Glas ausgehändigt. „Mein Vater“, erklärt sie lakonisch einem Bekannten, bevor sie in die Provinz aufbricht, um einen neuen Posten als Lehrerin anzufangen. Lakonisch erzählt hat auch Regisseur Lucian Pintilie seinen Film Le Chene - Der Baum der Hoffnung. Der Aufbruch aus Bukarest bedeutet für Nela, intensiv mit Wildheit und Feingefühl gespielt von Maia Morgenstern, nur weitere Katastrophen in einer bröckelnden Diktatur, in der Ausflügler am Ufer eines Flußes von übenden Soldaten beschossen werden, wo sinnlose staatliche Gewalt eine ebenso sinnlose Ordnung aufrecht erhält.

Fast unerträglich werden die Nackenschläge, die Nela einstecken muß, auch für den Zuschauer. Maia Morgenstern lebt die Überwindung der Agonie, das Nicht-aufgeben-wollen mit mitreißender Coolness, daß der Überlebenstrotz ansteckend wirkt. Ähnlich wie bei Mitica, Razvan Vasilescu, der Freund und unerschrockene Urologen, der sie erst vor einer Vergewaltigung rettet und mit Nela Freundschaft schließt, aus der in diesem Chaos nur Liebe werden kann. Le Chene ist mehr als nur ein Rückblick auf das Ende von Ceauscescus Staatsterrorismus. Wer weiß schon, was der wankende Kapitalismus in Zukunft bringt.

jk

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen