: Trotz Urteil kein Ende
■ Zur Verurteilung eines Berliner Ex–Baustadtrates
Die fünf Jahre Haft, die im Dezember vergangenen Jahres der Ex–Kollege des jetzt verurteilteten Berliner Baustadtrats Herrmann, Wolfgang Antes, aufgebrummt bekam, entsprangen einem Deal. Der Verdacht, daß mit dem Urteil gegen Herrmann dessen hartnäckige Unschuldsbeteuerungen sanktioniert werden sollten, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Antes Geständnis hat sich die Justiz damit erkauft, daß ein Teil der Affäre weiterhin im Dunkeln bleibt. Herrmann signalisierte im Unterschied zu Antes Kooperationsbereitschaft. Die maßvolle Prozeßführung aller Seiten hat dazu beigetragen, daß neue Rösser, neue Reiter benannt wurden. Um so mehr Mühe gab sich das Gericht denn auch, seinen Spruch zu begründen. Ausführlich würdigte es die „Schmiergeld–Liste“ des Bauunternehmers Franke und erhob sie damit in den Rang eines gültigen Dokumentes. Die Ausführungen der Kammer erinnerten an eine Aufforderung an die Staatsanwaltschaft, jetzt auch gegen den früheren Senator Vetter (FDP) und den immer noch amtierenden Bezirksbürgermeister von Tiergarten, Quell, durchzugreifen. Beide leugnen, was das Gericht für ausgemacht hält: den Erhalt fünfstelliger Summen. Mit dem Urteil ist auch die jüngste Rede des Regierenden Bürgermeisters Diepgen (CDU) widerlegt, der nach wie vor nur die „Verfehlungen von Einzelpersonen“ wahrzunehmen gedenkt. Ein Prozeß ist zu Ende gegangen. Aber der Sumpf ist furchtbar noch, aus dem auch Herrmann kroch. Benedict Maria Mülder
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen