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Troll-Debatte in Niedersachsens LandtagGeheimdienst will Antifa sein, CDU und AfD sind dagegen

Nadine Conti
Kommentar von Nadine Conti

Der niedersächsische Verfassungsschutz hat auf X behauptet, er sei auch Antifa. Die Opposition findet das gar nicht lustig.

Gefährliche Linksextreme bei einer Demo gegen rechts in Augsburg Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

M an sollte wirklich aufhören, Debatten auf X (früher Twitter) nachzuerzählen, weil das zunehmend sinnlos ist – einfach weil dieses Paralleluniversum kaum noch Bezüge zur Realität aufweist. Aber diese hier ist wirklich zu lustig.

Und immerhin hat sie es bis auf die Tagesordnung des Niedersächsischen Landtags ­geschafft, wenn auch nur als eine von diesen Nonsens-Aktuellen-Stunden, die die AfD so gern beantragt.

Die Geschichte geht so: Mitte Oktober bereitete das Social-Media-Team des Niedersächsischen Verfassungsschutzes eine Reihe von Posts zum Thema „Antifa“ vor. In denen sollte es auch darum gehen, wo antifaschistischer Protest legitim und im Rahmen ist und ab wann er ins ­Extremistische kippt.

Ein wenig übermütig schrieb man in einem Kommentar darunter: „Auch wir sind Antifa. Selbstverständlich.“ Man hätte nun natürlich ein empörtes Aufheulen auf der Linken erwarten können. Die wirft dem Verfassungsschutz schließlich aus Gründen immer mal wieder vor, lieber die Falschen zu beobachten und sich das rechte Auge zuzuhalten.

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Aber vielleicht waren die zu sehr damit beschäftigt, im Plenum nach Spitzeln zu fahnden oder sind alle gar nicht mehr auf X. Die Rechten schon. In Nullkommanichts skandalisierten sie den Post und reichten ihn durch die rechtsextreme Blog- und Medienlandschaft. Etablierte Medien sprangen auf, die AfD und die CDU natürlich auch.

Es folgt das, was die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) „ein Lehrstück digitaler Diskurskultur“ nennt. Die einen verstehen „Antifa“ im ursprünglichen Wortsinn als „alle, die irgendwie gegen Faschismus sind“, die anderen als historisch verseuchten „linken Kampfbegriff“, mit dem sich nur extremistische Gewalttäter identifizieren können. Und so debattiert man munter aneinander vorbei.

Hübsch ist, was sich dabei für Konstellationen ergeben. So stimmt die CDU in ihrer Empörung mit der AfD vollkommen überein. Als „untragbar“ und „unerträglich“ bezeichnet der Abgeordnete Christoph Plett den Post.

In einem verzweifelten Versuch, sich trotzdem von der AfD abzugrenzen, bescheinigt er dieser aber, sie solle gefälligst keine Verfassungsschutz-Mitarbeiter beschimpfen, sie werde schließlich selbst beobachtet.

Aber das entspricht ja irgendwie auch der historischen Rolle bürgerlich-konservativer Politiker: Den Faschisten den Steigbügel halten und gleichzeitig über ihr ungehobeltes Benehmen die Nase rümpfen.

Ein Grüner verteidigt den Verfassungsschutz

Historisch neu dürfte dagegen sein, dass der Grünen-Abgeordnete Michael Lühmann sich in der Verlegenheit sah, plötzlich den Verfassungsschutz verteidigen zu müssen.

Mit dem Appell: „Wenn Sie schon Verfassungsschutzkritik für sich als Topos entdecken, liebe CDU, dann doch bitte richtig. Da geben wir gern Nachhilfe, da haben wir viele Jahre Vorsprung“, versuchte er zu retten, was zu retten ist.

Nur die Innenministerin, von der AfD zum x-ten Mal zum Rücktritt aufgefordert, ließ die Wortklaubereien und historischen Diskurse links liegen. Diese Versuche der AfD, den Verfassungsschutz zu diskreditieren, seien doch nichts als ein Ablenkungsmanöver, bescheinigte sie kühl.

Das ändere aber nichts an der Einstufung als Verdachtsfall und auch nichts daran, dass man der AfD im letzten Verfassungsschutzbericht nun schon ein ganzes, eigenes Kapitel habe widmen müssen.

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Nadine Conti
Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020
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5 Kommentare

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  • " ... einfach weil dieses Paralleluniversum kaum noch Bezüge zur Realität aufweist. Aber diese hier ist wirklich zu lustig. ... "



    Davon leben diese sog. sozialen Medien, weils es ja so lustig oder unterhaltsam ist stehlen sie einem die Zeit und im Schatten der verplemperten Zeit etablieren sich die Demokratiefeinde.

  • > Historisch neu dürfte dagegen sein, dass der Grünen-Abgeordnete Michael Lühmann sich in der Verlegenheit sah, plötzlich den Verfassungsschutz verteidigen zu müssen.

    Da ist er nicht der erste. Es ist ein seltsames Gefühl, dass der öffentliche Diskurs so weit nach rechts gerutscht ist, dass selbst traditionelle Staatskritiker merken, dass es an der Zeit ist, sich hinter die FDGO zu stellen.

  • Die CDSU ist den Extrem-Rechten viel zu nahe, als dass sie fair und unvoreingenommen auf solche Vorkommnisse reagieren könnte. Man verdirbt es sich schließlich nicht mit potetiellen Koalitionspartnern. Wenn man von massiven Angriffen auf Politiker*innen erfährt (aktuell: Wanderwitz) dann sollte man das Verhalten der CDSU immer mit in Betracht ziehen. Solche Mätzchen wie hier beschrieben tragen massiv zu Verrohung und Gewalt bei - ob man will oder nicht. Antifa ist Antifa und es ist mir völlig egal, ob das ein "linker Kampfbegriff" ist oder nicht. Es ist DRINGEND nötig, sich gegen Faschisten zu wehren, savvy CDSU???? Kapiert das doch mal endlich!

  • Eigentlich müsste der Verfassungsschutz qua Amt Antifa sein.



    Dass dem nicht so ist, und er auf dem rechten Auge blind ist, ist eben der Unterschied zwischen



    Theorie und Praxis

  • CDU und AfD in einem Satz - gruselig, ohne den Artikel schon gelesen zu haben.