■ Querspalte: Triebtäter am Steuer
Berlins Busfahrer sind schwierige Menschen. Manche beschweren sich, daß die Fahrgäste sie nicht grüßen. Andere ignorieren verständnislos jeden, der ihnen ein fröhliches „Guten Morgen“ entgegenschleudert, reagieren gar ungehalten: „Wat heißt hier juten Morgen? Ick sitze schon seit um fünfe hier!“ Manche sind so schweigsam, daß sie nicht einmal die Namen der Haltestellen ansagen. Andere behelligen den Fahrgast mit endlosen Ergüssen, die sie selbst für originell, die ihnen hilflos ausgelieferten Passagiere hingegen für nervtötend halten.
Kein Wunder also, daß die „Kunden“ ihre neue Freiheit eifrig nutzen, seit sie beim Einstieg dem unbekannten Wesen durch die Hintertür entgehen können. Die vordere Tür verschmähen sie seither, schon weil der Fahrer diese meist zielgenau vor der Haltestellen-Säule plaziert – nicht ohne die Wartenden zuvor mit dem Seitenspiegel umgemäht zu haben. „Alles Schwarzfahrer!“ schimpfen jetzt die Chauffeure über ihre verängstigten Fahrgäste.
Damit alles seine preußische Ordnung hat, wollen sie ihre „Kunden“ wieder zum Präsentieren des Billetts nötigen. Das käme auch dem Untertanentrieb manchen Fahrgasts entgegen. Trotzdem haben die Busfahrer in einem recht: Nur Härte hilft. Allerdings nicht gegenüber vermeintlichen Schwarzfahrern, sondern devoten Passagieren und machtbewußten Chauffeuren. Denn mit der kuriosen Regelung, daß sie abends wieder kontrollieren dürfen, reichte die BVG den Triebtätern schon den kleinen Finger. Jetzt verlangen die Preußen hinter dem Steuer nach der ganzen Hand. Ralph Bollmann
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