Trendwende: Düstere Aussichten für Mieter
ohnungen sind in jüngster Zeit wieder zur Mangelware geworden. Einiges deutet darauf hin, dass Schlangestehen bei Besichtigungen wieder zum Normalfall wird.
Am 10. September wird es am Sandtorkai mit Blick auf die Hafencity eine bemerkenswerte Tagung geben. Der Veranstalter Heuer Dialog lädt zu einem Gedankenaustausch über den Hamburger Wohnungsmarkt ein. Motto: "Wenn Wachstum zum Problem wird". Damit wird auch auf Seiten der Immobilienwirtschaft klar, dass die Zeiten eines entspannten Wohnungsmarktes vorbei sind. Die Mieten steigen. "Wenn man jetzt zu Wohnungsbesichtigungen geht, hat man 30 bis 40 Leute da stehen", sagt Sylvia Sonnemann von Mieter Helfen Mietern. "Das ist wie Anfang der 90er Jahre."
In der Diktion von Veranstalter Heuer Dialog, der Tagungen für die Immobilienwirtschaft veranstaltet, hört sich das so an: "In Hamburg zeigen sich zahlungskräftige Investoren in bester Investitionslaune", so heißt es in der Einladung. "Sogar gut situierte Doppelverdiener-Haushalte sind wegen des kaum vorhandenen Angebots an bezahlbarem Wohnraum in der Hansestadt gezwungen, ihren Wohnsitz nach Norderstedt zu verlegen."
Angesichts der Statistiken ist das kein Wunder. Statt 5.000 Wohnungen wie im Jahr 2001 wurden 2008 nur knapp 3.800 fertig, 2007 waren es nur 3.200. Demgegenüber ist die Zahl der HamburgerInnen Jahr für Jahr gewachsen. Und der Zuzug wird zunehmen, wie der Senat in seinem Wohnungsbauentwicklungsplan feststellt: Künftig werde die Einwohnerschaft Hamburgs schneller wachsen als die des Umlands. Bis vor kurzem war es umgekehrt. Es gibt einen Trend zum Wohnen in der Stadt.
Ein Indikator dafür, dass sich der Markt verändert, sind die Mieten für Erstbezüge. Nach Angaben der Firma BulwienGesa erreichten sie Anfang der 90er Jahre einen Spitzenwert, auf den sie sich nach einer milderen Phase in den Nuller-Jahren jetzt wieder zu zu bewegen scheinen. Marktbeobachtungen bekräftigten "eine merkliche Anspannung des Wohnungsmarkts in den letzten ein bis zwei Jahren", konstatiert der Senat.
Christian Wittke von der Firma Berenberg Private Capital vermutet, dass die großen Verluste am Aktienmarkt Wohnimmobilien wieder interessant machen. "In Städten mit Bevölkerungswachstum sind diese Investitionen konservativ", sagt er. "Wenig rentierlich, aber auch sicher." Ein dänisches Bankenkonsortium hat deshalb gerade halbe Straßenzüge rund um den Michel gekauft.
"Eine Wohnungsnot spüren wir nicht", sagt dagegen Peter Hitpaß vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), ebenso wie Peter Landmann vom Immobilienverband Deutschland (IVD). Bei den öffentlichen Firmen und Genossenschaften des VNW habe die Leerstandsquote Ende 2008 bei 2,2 Prozent gelegen. Das sei ein normaler Wert. Das städtische Unternehmen Saga/GWG verkündete kürzlich eine Leerstandsquote von 0,5 Prozent.
Konsens ist, dass in den vergangenen Jahren zu wenig Mietwohnungen gebaut worden sind. Der Senat selbst gibt einen Bedarf von 5.000 bis 6.000 pro Jahr an. Hitpaß und andere rechnen mit bis zu 8.000 pro Jahr. Mit seiner Wohnungsbauoffensive schafft der Senats maximal 2.000 Neubauten pro Jahr.
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