: Trendsurfer surften jottwedeh
■ „Trenz 90“: Modernes präsentierte fünf Bremer Gruppen
Gorbatschow hatte schon recht mit seinem „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Das war beim zweiten Trenz 90 dieses Jahres nämlich genauso. Und noch schlimmer: Manche kamen gar nicht. Dabei hätten die fünf Bremer Newcomerbands mehr ZuhörerInnen verdient gehabt.
Genaugenommen waren nicht alle so neu, denn die Romeos sind schon weit über die Grenzen Bremens bekannt und bereits im Vertrieb eines englischen Verlages. Die Vee Jays sind auf dem gleichen Wege, wenngleich sich ihre Musik doch noch schmutziger und darum weniger kommerziell anhört. Die vier Lederherren mit den dunklen Brillen, die ohne den Stamm-Bassisten auskommen mußten (der sich beim Motorradfahren schwer verletzte), spielten genau diese Art Rock'n–Roll. Gradeaus, staubig und angedreckt wie nach einer langen Fahrt auf der Harley. Die melodietragenden Elemente Keyboard und Gitarre unterstützten sich, wechselten sich ab und prallten auch für kurze Momente aufeinander, geradeso, daß der mitreißende Fluß immer erhalten blieb.
Den Anfang machten acht Männer von Delicious Noise mit einem blechbläser-gestützten Big-Band-City-Sound und einem routinierten Sänger. Mit gefälligen Arrangements unterhielten sie das spärlich eintreffende Publikum, was es ihnen nicht gerade leicht machte. Zu den heimlichen Stars des Abends avancierten die vier Musiker von La Folie Maniac, die allerdings den Nachteil hatten, so früh auftreten zu müssen — was auch der schwerst-gewichtige RB-4-Moderator Axel P. Sommerfeld angesichts der der vielen freien Flecken im Publikum bemängelte.
Das Quartett bemühte sich redlich um einen harten und eckigen Sound. Mit schiefen Gitarren- Akkorden und schrägen Baß-Tönen umrahmten sie die hall-technisch wirkungsvoll aufgeblähte Stimme des Sängers. Das klang sehr kompakt, war genial simpel und überhaupt nicht neu. Aber diesen Trend können wir seit geraumer Zeit beobachten, warum sollte Bremen da eine Ausnahme machen? Wer sich von den Live- Qualitäten von La Folie Maniac überzeugen will, hat dazu am nächsten Freitag im Schlachthof noch einmal Gelegenheit beim Festival „Froher-Rest“. Jürgen Francke
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