■ Cash & Crash: Treibstoff für die Börse
Berlin (taz/rtr) – „Uns gehört die Zukunft“, gibt sich ein Investmentfonds-Verwalter siegessicher. „Ein Treibsatz“ sei in der Finanzbranche gezündet worden, jubelt ein anderer. Der Raketenantrieb nennt sich „3. Finanzmarktförderungsgesetz“. Es soll den Finanzplatz Deutschland stärken, sagte Finanzstaatssekretär Jürgen Stark bei der Vorstellung des Entwurfs, Bürger stärker an die Börse locken und nebenher noch die Kapitalbeschaffung für junge Unternehmen erleichtern. Wenn alles gut geht, wird die Gesetzesrakete am 1.1. 1998 losgehen.
Was Banker und Börsianer so freut, ist für die Bundesregierung ein „wichtiger Baustein“ des 1996 beschlossenen „Aktionsprogramms für Investitionen und Arbeitsplätze“. Dieses hat bei der weniger finanzstarken Bevölkerung keine Freude ausgelöst, vor allem wegen der Änderung des Kündigungsrechts und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Gestärkt werden soll der deutsche Kapitalmarkt besonders dadurch, daß Bürger Aktien für ihre Altersversorgung erwerben. Weil nicht mal mehr die Regierung davon ausgeht, daß die Renten sicher sind, dürfen künftig Pensionsfonds nach angelsächsischem Vorbild für die Absicherung sorgen. Zunächst für die private Alterssicherung, später hoffen die Fondsverwalter auch auf das Geld der betrieblichen Altersvorsorge, das bislang noch in den Unternehmen gebunden ist.
Anders als in Großbritannien und den USA sollen die deutschen „Pensions-Sondervermögen“ nicht bei den Betrieben selbst angesiedelt sein, sondern unabhängig bleiben. Damit hofft man, daß Firmen bei Geldbedarf nicht die Pensionskassen der Mitarbeiter plündern, wie das der verblichene britische Medienzar Robert Maxwell angesichts der Pleite getan hatte.
Außerdem sind in der Gesetzesnovelle zahlreiche Neuregelungen vorgesehen, um Unternehmen den Zugang an die Börsen zu erleichtern. Junge Firmen dürfen schneller als bisher einen Antrag auf Börsennotierung stellen, bisher hinderliche Regeln über die Haftung für fehlerhafte Börsenzulassungsprospekte sollen gelockert werden. Auch ausländische Unternehmen an deutschen Börsen sollen nicht mehr so viele Anforderungen erfüllen müssen. Unternehmensbeteiligungsgesellschaften sollen zudem künftig jungen Firmen leichter Risikokapital zur Verfügung stellen können. Dazu sollen steuerliche Begünstigungen dienen, und der Verkauf von nicht rentablen Firmenbeteiligungen soll vereinfacht werden. lieb
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