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Traurige Wallungen der Armen

■ Jack Lucarellis Das Geschenk des Himmels fehlt die Vision

Auch im sonnigen Süden macht Armut keinen Spaß. Wenn das Familienleben in völliger Abgeschiedenheit auch noch wie unter einer Glasglocke stattfindet und alle Gefühle ins Ausweglose führen, dann wird „unsere kleine Farm“ zur Hölle. So geht es Ma Samuals (Sharon Farrell) und ihren Kindern Charlie (David Steen) und Messy (Gigi Rice) im staubigen North Carolina: Die fanatisch religiöse Mutter hält die beiden unter Zwangsverschluß, die Außenwelt ist ihr das Böse. Als eine Cousine anreist, gerät ihr bitteres Alltags-Gefüge aus dem Leim.

Regisseur Jack Lucarelli hat sich für sein spätes Regiedebüt einen emotional wuchtigen Brocken ganz in der Tradition eines Tennessee Williams ausgesucht. Um nie beantwortete Gefühle geht es hier, um Projektionen und Menschen, die an den ganz großen Verdrängungen, die sie mit sich schleppen, kaputtgehen. Die Gleichung großes Leid = große Dramatik = großer Film geht allerdings nicht auf. Zu platt und effektheischend ist der Umgang mit Themen wie Kindesmißbrauch und Inzest. Ursprünglich war der Stoff ein Theaterstück von David Steen, der wiederum Schauspielschüler Lucarellis war und hier leider auch noch die männliche Hauptrolle spielen mußte.

Seine Darstellung des über die Maßen introvertierten spätjugendlichen Sohnes und Objekts mütterlicher Liebe mißlingt gehörig, was nicht nur daran liegt, daß er schlicht zu alt ist. Die holzschnittartige Regie überspielen einzig die Frauen: Sharon Farrell als verbitterte, obsessionelle Mutter, aber vor allem die großartige Gigi Rice als liebesbedürftige Messy. Gerettet wird das schwerfällige Werk aber auch durch ihre Leistung nicht.

Thomas Plaichinger

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