: Transparent - betr.: "Zahlenmüll vom Rechnungshof" und Kommentar "Außer Kontrolle", taz vom 2.5.1996
„Zahlenmüll vom Rechnungshof“ und Kommentar „Außer Kontrolle“, taz hh v. 2.5.96
Bei der Berichterstattung über den Beitrag des Rechnungshofes zu den Arbeitsförderungs-, Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen mit Haushaltsausgaben von 270 Mio DM, davon 130 Mio DM für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, ist fast aus dem Blickfeld geraten, was „außer Kontrolle“ ist. Eine wesentliche Feststellung des Rechnungshofs ist gerade, daß die staatlichen Stellen in weiten Bereichen nicht über verläßliche Daten verfügen. Gleichwohl sind die von ihm erhobenen Daten der Träger kein „Zahlenmüll“, sondern von den Trägern im Rahmen ihrer Möglichkeit zur Verfügung gestellt worden. Wesentliche Ergebnisse der Prüfung sind:
– Der Stadt ist z.B. für ihre Mitfinanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht bekannt, inwieweit die Mittel konkret zu einer Reintegration Arbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt führen.
–Mangels verläßlicher Daten über Kosten und Erfolg findet keine dem Zweck und dem Mitteleinsatz angemessene staatliche Steuerung und Erfolgskontrolle statt. Der Rechnungshof ist Plausibilitätsmängeln von Trägerdaten bereits während der Erhebung nachgegangen und hat entsprechende Hinweise der Behörden sorgfältig ausgewertet.
– Für eine Gesamtbetrachtung lassen sich – ungeachtet von einzelnen Zurechnungsproblemen – die vom Rechnungshof erhobenen Forderungen herleiten: Kosten und Zielerreichung der Träger bedürfen dringend der Transparenz und systematischen Auswertung, um die knappen Haushaltsmittel gezielt einsetzen zu können. Die Förderung muß stärker an Leistung und Erfolg der Träger orientiert werden, deren Kosten auch bei vergleichbaren Branchen und Maßnahmen sehr unterschiedlich und auf jeden Fall oft recht hoch sind. Die Behörden sind aufgefordert worden, den Unterschieden nachzugehen und Standards zu überprüfen.
– Unter aufgabenkritischen Aspekten ist den Trägern eine realistische Zielquote für die Reintegration vorzugeben und politisch zu bewerten, in welcher finanziellen Größenordnung der Einsatz staatlicher Haushaltmittel gerechtfertigt ist.
Über die Prüfungsergebnisse und Forderungen des Rechnungshofs wird von den parlamentarischen Gremien in den gesetzlich vorgesehenen Verfahren befunden werden.
Dr. Rudolf Dieckmann,
Vizepräsident Landes-
rechnungshof Hamburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen