: Trabi goes to Hollywood
Der Haß auf den Trabant ist leicht nachvollziehbar. Der Trabi ist laut, beleidigt den Geruchssinn und ein Hochgenuß an Ästhetik ist er auch nicht gerade. Doch alle, die in freudiger Erregung auf das Begräbnis der rollenden Stinkbombe warten, werden bitter enttäuscht. Denn noch bevor dem kleinen Plaste-Auto von Opel und Konsorten der Garaus gemacht werden konnte, feiert es ein grandioses Comeback. Bei der ersten TÜV-Überprüfung nach bundesdeutschem Muster in der DDR schnitt er erstaunlich gut ab. Der Kohlenmonoxidausstoß des Ost-Automobils überschritt „nur selten“ westliche Grenzwerte. Bei importierten Gebrauchtwagen aus dem Westen gab es
weit mehr Probleme. Das Trabant-Werk in Zwickau läuft wieder auf vollen Touren. Die Ungarn haben gerade 25.000 Stück des knatternden Zweitakters geordert. Viele deutsche Auto-Fans sehen in dem preiswerten Trabi schon eine Art neue deutsche „Ente“. Im Guinness-Buch der Rekorde ist das häßliche Entchen inzwischen auch zu finden. Dafür sorgte „Drehorgel -Rolf“ Becker. Letzten Samstag kam er mit seinem betagten Trabant erschöpft aber glücklich am Zielort der Strecke Halle-Hollywood an. Ohne zu mucken habe „die olle treue Pappe“ die fast 5.000 Kilometer lange Strecke zwischen New York und der Glitzerstadt zurück gelegt. „Der is‘ die Rockies hoch als wär's der Harz“, prahlte Orgel-Rolf, „nur bergrunter sahen wir manchmal alt aus - die Bremsen qualmten, daß ich dachte, die Pappe fängt Feuer“.
Außerordentlich freundliche Aufnahme fand der Hallenser, der als Drehorgel-Mann in der DDR-Wendezeit berühmt wurde und bereits als „Weltmeister in Dauerdrehorgeln“ das Guiness -Buch ziert, im Hollywooder Luxusapartment zweier „rei
zender deutscher Damen“.
Da trifft es sich gut daß Thomas „BigMäc“ Gottschalk gerade einen Streifen mit dem Titel „Trabi Trouble“ in der Filmstadt herunterkurbelt. Gottschalk spielt einen findigen Ostdeutschen, der mit seinem Trabi auf einer Erfindermesse in Amerika groß herauskommt. Es ist zu befürchten, daß das Machwerk im Herbst in die deutschen Kinos geraten wird.
Nach dem Besuch bei Tommy tuckern Rolf und sein Trabi weiter nach Las Vegas zu einem Treffen mit Arni Schwarzenegger. Der schmächtige Rolf hat sich für das Meeting mit dem österreichischen Muskelgebirge auch schon die richtige Garderobe besorgt. Mit Krachlederhose und Seppelhut kommt er auch sonst gut zugerecht, denn „die Amis stellen sich doch die Deutschen so vor.“
Karl Wegmann
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