: Touristisch
Eigentlich ist es schon absurd: Da strömen Jahr fürJahr, Sommer für Sommer Millionen TouristInnen in diese unsere schöne Stadt. Riesige Meuten aus In- und Ausland bevölkern die Flaniermeilen – und wenn sie Glück haben, ist sogar gutes Wetter im Hamburger Sommer. Allerdings – wenn sie sich in die Innenräume begeben möchten, wenn sie Kultur erleben wollen, stemmen sich ihnen verschlossene Türen entgegen, wie es provinzieller nicht sein könnte: Außer den sowieso geöffneten Museen sieht sich niemand in der Pflicht, von der Kontemplation zur Aktion überzugehen, fühlt sich niemand aufgerufen, auch nur ansatzweise Niveauvolles zu bieten.
Denn außer den berühmten Kinderveranstaltungen dringt nichts vom sonst so lebendigen Theater- und Musikleben an die Öffentlichkeit, als wolle die Stadt ihr qualifiziertes Kulturangebot durch jahreszeitlichen Boykott für sich behalten. Als sei, was sich an spanneden Theaterquerelen abspielt, letztlich doch nur für Einheimische bzw. – wenn schon für Angereiste, dann tunlichst für JournalistInnen, damit man auch schön unter sich bleibt.
Dabei könnte man doch eigentlich die Gunst der Stunde nutzen, es auskosten, dass die Massen (und nicht alle verstehen kein deutsch!) gerade vor Ort sind, könnte Erhebliches zur Imagepflege in puncto „Kulturstandort“ beitragen. Und eigentlich war doch auch mal von „weltoffen“ die Rede gewesen, soll doch auch die Hafencity ein wegweisendes Modell für Innovation sein, das über Stadtstaats- und Landesgrenzen hinauswirkt.
Wäre es da nicht an der Zeit, vom konservativen Sommer-Verständnis wegzukommen und die Theater- und Orchesterferien – ähnlich den Schulferien – zu staffeln, damit die BesucherInnen sehen, dass es hier nicht nur Alster und Hafenrundfahrt gibt? Damit sie, beispielsweise durch Appetithäppchen neugierig gemacht, eventuell im Herbst freiwillig nochmal wiederkommen? Solches hätte übrigens auch für die umstrittene Theaterszene Vorteile: Dann bräuchte das „Lesevolk“ nämlich nicht stumpf zu glauben, was seine reisenden JournalistInnen schreiben, sondern könnte sich vor Ort selbst ein Urteil bilden...
Petra Schellen
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