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Toter Fluß wieder vergiftet

■ „Kokereispezifische Substanzen“ wurden über den deutsch–französischen Grenzfluß Rossel in die Saar transportiert / Bioindikator Fisch verschwunden / Die Rossel gilt als der verseuchteste Fluß Europas

Saarbrücken (taz) - Erneut ist es gestern zu hochgiftigen Einleitungen in die Saar gekommen. Der Sprecher des saarländischen Umweltministeriums, Roland Lattwein, erklärte gegenüber der taz, daß es sich um „kokereispezifische Substanzen wie Naphtalin, Benzol, Toluol, Xylol und anderen Kohlenwasserstoffverbindungen“ handele. Man habe inzwischen an der Saar den Alarmplan ausgelöst. Als Ursache der Verseuchung wird das Zentrum der Kohlechemie im französischen St. Avold, das Industriekombinat „Carling“, vermutet. Produziert wird in dem Kombinat die gesamte Palette der Kohlechemieprodukte, vom Dünger bis zum Kunststoff. Zur Rückhaltung der giftigen Abfälle ünterhält das Unternehmen lediglich einen Absinkweiher mit drei Lagunen. Die Gift–Brühe fließt dann in den Merl–Bach, von dort in die Rossel, über die die toxischen Substanzen in die Saar transportiert werden. Der Grenzfluß gilt in Europa als einer der verseuchtesten Flüsse und ist seit Jahren Zankapfel zwischen den Saarländern und den Franzosen. In der Rossel ist der Bioindikator Fisch seit Jahren verschwunden. Die zusätzliche Giftfracht wurde jetzt bemerkt, weil die „Brühe entsetzlich gestunken“ hat. Mehrere Anwohner erbrachen sich, andere fielen in Ohnmacht. Der ständige Vertreter des Umweltministers, Nospers (SPD), wandte sich wegen der aktuellen Verseuchung in einem geharnischten Brief an den französischen Präfekten in Metz. Es sei endlich notwendig, so Nospers, „die unhaltbaren und umwelt– und gesundheitsschädigenden Belastungen abzustellen“. Zudem haben die Franzosen den saarländischen Behörden bisher noch nicht mitgeteilt, um welche Giftsubstanzen und um welche Mengen es sich handelt. Die Saar–Behörden versuchen derweil, die auf dem Fluß schwimmenden Gift–Substanzen - „so gut es geht“ - bei der Staustufe Saarlouis–Lisdorf in die Schleusenkammer zu lenken und dort abzupumpen. „Bei den wasserlöslichen und den gesunkenen Stoffen können wir sowieso nichts mehr machen“, meinte Roland Lattwein. Felix Kurz

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