Tödliche Attentate in Norwegens Hauptstadt: Bombe im Zentrum, Schüsse im Camp
Sieben Menschen sterben bei der Explosion einer Autobombe in Oslos Regierungsviertel. Kurze Zeit später tötet ein Mann mehrere Teilnehmer eines Jugend-Ferienlagers.
STOCKHOLM taz/afp | Eine schwere Explosion hat am Freitagnachmittag um 15.26 Uhr den Teil des Zentrums von Oslo erschüttert, in dem sich auch das Regierungsviertel befindet. Die Polizei bestätigte eine Bombe als Ursache. Medien sprachen von einer "großen Autobombe". Dabei wurden laut Angaben der Sicherheitsbehörden mindestens sieben Menschen getötet und 15 Personen verletzt.
Die Wucht der Detonation verwüstete mehrere Gebäude, darunter den Sitz von Ministerpräsident Jens Stoltenberg. Der Regierungschef wurde jedoch nicht verletzt. "Die Situation ist sehr ernst", sagte der 52-jährige Sozialdemokrat in einem TV-Interview - aus Sicherheitsgründen wurde sein Aufenthaltsort geheim gehalten. Bislang war Norwegen von Terroranschlägen verschont geblieben
Wenige Stunden nach dem Attentat in Oslo kamen bei einer Schießerei in einem Ferienlager der Jungsozialisten auf der Insel Utøya in einem See nahe der Hauptstadt nach Angaben von Rettungskräften ebenfalls mehrere Menschen ums Leben. Zudem gab es mehrere Verletzte. Bei dem fünftägigen Camp sollte auch Ministerpräsident Stoltenberg einen Gastauftritt haben. Nach Erkenntnissen der Polizei bestand zwischen dem Bombenanschlag und der Schießerei ein Zusammenhang.
Die Lage in dem von 560 Menschen besuchten Lager wurde als "chaotisch" beschrieben. Polizisten einer Anti-Terror-Einheit mit schusssicheren Westen eilten zum Tatort. Laut Medienberichten brach unter den Jugendlichen in dem Lager Panik aus. Mehrere Mädchen und Jungen seien von der Insel aus ins Wasser gesprungen und an Land geschwommen. Die Insel ist rund eine Autostunde von Oslo entfernt.
Die Bombe in der Osloer Innenstadt sei in einem Bereich, in dem sich die Kanzlei des Ministerpräsidenten, das Finanz- und das Öl- und Energieministerium befinden, explodiert. "Das ging direkt vor unserem Büro hoch", sagte ein Sprecher des Ölministeriums gegenüber Medien. AugenzeugInnen berichteten von einer vier bis fünf Stockwerke hohen Flammensäule.
Die Wucht der Explosion ließ Fensterscheiben in Gebäuden zerbersten, die mehrere hundert Meter entfernt liegen. Sie war kilometerweit zu hören. "Es fühlte sich an wie ein Erdbeben", berichtete ein Rundfunkjournalist, der sich in der Nähe befand.
Erste Fotos zeigten eine große Rauchwolke, blutende Menschen und mit Glassplittern und Fassadenteilen übersäte Straßen. AugenzeugInnen sprachen von "einem Kriegsszenario". Im Zentrum der norwegischen Hauptstadt herrschte Chaos. Krankenhäuser berichteten von mindestens zehn Schwerverletzten, Medien sprachen von bislang zwei Toten. Mitglieder des Regierung seien in Sicherheit und unverletzt.
Alle verfügbaren Feuerwehren und Polizeikräfte waren im Einsatz, schon kurz nach den Explosionen hatte die Polizei das Gebiet weiträumig abgesperrt. An allen zentralen Verkehrsknotenpunkten wurden Polizeikontrollen errichtet, am Osloer Flughafen Gardermoen kontrollierte bewaffnete Polizei alle Fahrzeugen vom oder zum Flughafen.
Anschlag voraussichtlich politisch motiviert
Auch wenn zunächst nichts über mögliche Hintergründe bekannt war, gab es umgehend Spekulationen über einen politisch begründeten Anschlag. "Es ist schwer, sich einen anderen Grund vorzustellen", meinte Tore Bjørgo, Terrorexperte an der norwegischen Polizeihochschule: "Es war ja offenbar ganz symbolisch das Machtzentrum des Landes, das damit getroffen werden sollte."
In der Vergangenheit hatte es zwar immer wieder einmal gegen Norwegen gerichtete Drohungen im Zusammenhang mit dem Militäreinsatz in Afghanistan gegeben. Über aktuelle Drohungen war aber öffentlich nichts bekannt. Ein Polizeisprecher erklärte, es sei zu früh, um Rückschlüsse zu ziehen.
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