: Todesurteile wegen „Lynchjustiz“
■ Zwei Chinesen verurteilt, weil sie am 4.Juni einen Soldaten in Peking getötet haben sollen
Peking (afp) - Wegen Lynchjustiz an einem Soldaten bei der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung durch die Armee Anfang Juni in Peking sind am Freitag zwei Chinesen zum Tode verurteilt worden, berichtete eine Abendzeitung in der Hauptstadt. Einen Komplizen der beiden habe das mittlere Volksgericht zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt, fügte die amtliche Pekinger Tageszeitung hinzu. Ob der Arbeitslose Men Duo und der Kellner Zhou Jiguo sofort nach dem Urteil mit einem Genickschuß hingerichtet wurden, wie es häufig bei Todesurteilten in China der Fall ist, wurde nicht mitgeteilt.
Die beiden zum Tode verurteilten „Unruhestifter“ wurden für schuldig befunden, „Mord und konterrevolutionäre Verbrechen“ begangen zu haben. Der Anklageschrift zufolge töteten sie in der Nacht zum 4.Juni einen der Soldaten, die in nach Peking eingedrungen waren, um die friedlichen Massendemonstrationen für demokratische Reformen gewaltsam aufzulösen. Men Duo soll den Stiel einer Hacke auf dem Kopf des Soldaten zerschlagen haben, Zhou Jiguo ihn mit Fußtritten und Faustschlägen traktiert haben. Ihr Opfer Li Guorui wird seitdem in der offiziellen Presse als Held gefeiert. Posthum wurden ihm sowie 13 anderen unter ähnlichen Umständen getöteten Soldaten der Titel „Wächter der Volksrepublik China“ verliehen, die höchste militärische Auszeichnung des Landes.
Zuletzt war am 31. Juli offiziell die Hinrichtung von zwei Männern bekanntgegeben worden, die während des „Chaos“ im zentralchinesischen Wuhan Waffen gestohlen und eine schwangere Frau sowie ein junges Mädchen getötet haben sollen. Seit Juni haben die chinesischen Behörden die Hinrichtung von einem Dutzend „Unruhestiftern“ bekanntgegeben, unter denen jedoch kein Student war. Beobachter und Diplomaten halten diese Angaben für weit untertrieben und schätzen, daß seit Anfang Juni mindestens mehrere hundert Menschen hingerichtet wurden. Tausende vegetieren unterdessen in den Gefängnissen des ganzen Landes, wo sie auf ihre Aburteilung warten. Die Pekinger Behörden haben Anfang der Woche bekanntgegeben, daß von den 2.578 „Rüpeln“, die in den ersten 24 Tagen nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung festgenommen worden seien, bis dato nur 190 freigelassen worden sind.
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