: Todesmarsch nach Tuzla
■ Der größte Teil der Männer aus Srebrenica versucht, sich in die ostbosnische Stadt durchzuschlagen
Tuzla (taz) – Seit einer Woche werden die 15.000 männlichen Bewohner Srebrenicas vermißt, nun ist klar: Der größte Teil von ihnen versucht, durch serbisch besetztes Gebiet bis nach Tuzla zu fliehen. Etwa 4.000 kamen seit Montag abend in dem Flüchtlingslager der ostbosnischen Stadt an. Viele von ihnen sind verwundet, auf dem 100 Kilometer langen Fußmarsch wurden die Flüchtlinge immer wieder von serbischer Artillerie beschossen. Wie viele Menschen dabei starben, ist unklar. Ein Zeuge berichtete, daß bei dem Dorf Konjevic Polje rund 100 Tote am Straßenrand lagen. Viele Flüchtlinge hätten aus Verzweiflung oder nachdem sie verwundet worden waren Selbstmord begangen. Immer wieder hätten Truppen der bosnischen Serben versucht, die Kolonne zu teilen. Nach Zeugenaussagen starben dabei 1.000 Flüchtlinge.
Rund 1.000 bosnischen Soldaten soll es gelungen sein, nach Žepa zu fliehen. Dort unterstützen sie nun die rund 2.000 Mann, die bisher die von 20.000 Menschen bewohnte UN-Schutzzone gegen die serbischen Angreifer verteidigen. Die Truppen Karadžićs verstärkten gestern den Beschuß Žepas, in dem bergigen Gelände kamen sie aber nur langsam voran. Dennoch stehen sie nach UN-Angaben kurz vor der Eroberung der Enklave, die Verteidigungslinien der Regierungsarmee und der gesamte Ort würden „systematisch weichgeschossen“. Angesichts dieser hoffnungslosen Lage bot Bosniens Präsident Alija Izetbegović den Serben direkte Verhandlungen über die Evakuierung von Verwundeten und alten Menschen an. In der UN-Schutzzone Goražde nahm die Regierungsarmee einen ukrainischen UN- Soldaten als Geisel. Damit will sie die Blauhelme zwingen, ihre Waffen herauszugeben. Seiten 10 und 11
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