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Todesanzeige unter Kachelöfen

■ Grüne erstatteten Strafanzeige gegen die Hunsrücker Zeitung, weil sie die Todesanzeige eines Parteifreundes der Grünen als politische Werbung unter Werbeanzeigen abgedruckt hatte

Heidelberg (taz) - „Es ist sicher kein Zufall, daß der Nachruf ausgerechnet unter einer Großanzeige für Kachelöfen und Kachelkamine abgedruckt wurde. Es ist ja eine alte, deutsche Tradition, politisch Andersdenkende und Verbrennungsöfen miteinander in Verbindung zu bringen“, empörte sich Anfang Januar der Grüne Axel Weirich bei der Beerdigung seines Parteifreundes Horst Braun. Ein vom grünen Kreisverband Rhein–Hunsrück bei der Hunsrücker Zeitung in Auftrag gegebener Nachruf war von der CDU–nahen Monopolzeitung nicht auf der üblichen Seite für Todesanzeigen plaziert worden, sondern im Werbungsteil, eingerahmt von Reklame für besagte Kachelöfen. Eine telefonische Nachfrage Weirichs ergab, daß die Zeitung es ablehnte, den Text als Nachruf abzudrucken, da es sich dabei um „politische Werbung“ handle. Die Grünen erstatteten Strafanzeige wegen Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. Die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach stellte das Ermittlungsverfahren gegen den Anzeigenleiter des Verlages jetzt ein. Dessen Verhalten, erfülle zwar „den objektiven Tatbestand der Beleidigung“ und stelle „möglicherweise eine Geschmacklosigkeit“ dar, eine „vorsätzliche Ehrenkränkung“ aber sei ihm nicht nachzuweisen. Der Anzeigenleiter habe den Nachruf vielmehr als politische Anzeige „fehlinterpretiert“. Daß der in einem vorliegenden Schreiben begründet hatte, weshalb der Verlag den Nachruf für Herrn Horst Braun „anders als gewünscht habe plazieren müssen“, änderte nichts an der staatsanwaltlichen Interpretation des Vorfalls. rog

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