■ Glosse: Tod in der Waschstraße
Der Kanzler ist kein Filmfreak. Statt sich dienstags oder mittwochs, am Kinotag, für einen Zehner die neuesten Streifen samt Popcorn reinzuziehen, hockt er zu Hause bei seiner Hanne und über dem Saumagen und macht höchstens mal bei den „Tagesthemen“ die Glotze an. Das rächt sich jetzt. Denn wie sonst ist es zu erklären, daß im Kanzleramt aus „Sicherheitsgründen“ eine Autowaschanlage in der Tiefgarage eingebaut werden soll. Jawohl, aus Sicherheitsgründen, weil bei Cosy-Wasch „unbeobachtet Sprengsätze“ in die Kanzlerlimousine geschmuggelt werden könnten. Weiß der Kanzler nicht, daß Tiefgaragen zu den gefährlichsten Orten überhaupt zählen? Dort herrscht die höchste Verbrechensquote, Vergewaltigung und Mord, Manipulationen an Bremsen und mit Plastiksprengstoff sind an der Tagesordnung. Kennt er nicht „French Connection“ oder die Thriller Hitchcocks, wo niemand jemals lebend eine Tiefgarage verlassen hat? Sagt ihm denn keiner vom Bundeskriminalamt, wie James Bond, FBI-Agenten, korrupte Minister aus Afrika oder Südamerika in Tiefgaragen gekillt werden sollten? Auch der Film „Tod in der Waschstraße“ scheint dem Kanzler gänzlich unbekannt zu sein. Und schließlich kann er nicht mitreden bei den neuesten Öko-Filmen à la „Manta“. Die waschen ihre Kisten alle per Hand oder lassen sie dreckig. So spart man Trinkwasser und Chemikalien. Wenn er schon nicht bei Cosy-Wasch vorbeifahren will, das doch videoüberwacht und oberirdisch den Wagen „pflegt“ – also gänzlich sicher –, könnte der Kanzler wenigstens seinem Ruf als Freund guter deutscher Wertarbeit gerecht werden. Und zugleich dem Berliner Volke näherkommen: beim Fachgespräch mit dem Mann vom Fuhrpark. Rolf Lautenschläger
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