: Tod hinterm Deich Wattenmeer zerstört
■ Protest gegen den größten Küstenschutzbau Schleswig–Holsteins / Immenser Wattenmeerverlust
Kiel/Hamburg (ap) - Mit „Disco–Donner“, Spießbraten und Fallschirmspringen wird am Samstag an der Nordseeküste vor Husum der größte Küstenschutzbau eingeweiht, den das Land Schleswig–Holstein jemals errichtet hat. Es ist die 1981 begonnene Eindeichung der Nordstrander Bucht, für die rund 110 Mio. Mark ausgegeben wurden. Das Gesamtprojekt wird fast 300 Mio. Mark kosten. Für die Umweltschützer wird durch den Deichschluß eine der schlimmsten Umweltkatastrophen an der Küste besiegelt. „Viele Milliarden von Schnecken, Muscheln, Krebsen und Wattwürmern sterben jetzt einen langsamen Tod“, sagten Sprecher gestern in Hamburg. Nachdem ein Teil der Bucht bereits im April für immer von Ebbe und Flut abgeschnitten gewesen sei, hätten die Tiere im austrocknenden Meeresboden teilweise wochenlang auf das nicht mehr wiederkehrende Salzwasser gewartet, bis sie dann starben. Deshalb handele es sich bei dem Projekt „um den größten von Menschenhand bewußt verursachten Wattenmeerverlust in der Geschichte Nordfrieslands“. Er sei absolut überflüssig. Küstenschutz wäre auch ohne die Wattzerstörung möglich gewesen. Im Vordergrund habe keineswegs der Küstenschutz gestanden. Der Regierung sei es vielmehr um Landgewinnung gegangen. Kernstück der Bauarbeiten ist der jetzt fertiggestellte, fast neun Kilometer lange Deich von der Insel Nordstrand bis zum Sönke– Nissen–Koog. Durch diesen Damm entsteht auch gleichzeitig ein neuer Koog von 3.400 Hektar Größe. Dieses Neuland soll jedoch nicht allein der Landwirtschaft zugute kommen, sondern auch dem Naturschutz dienen. Vorgesehen seien unter anderem ein Salzwasserbiotop sowie Süßwasserflächen. Ursprünglich hatte die Landesregierung eine noch wesentlich größere Fläche eindeichen wollen, dagegen hatten die Naturs als ob Sie eine Wasserleitung durch eine neue Telefonleitung ersetzen“, sagte Wiede vom Bund Umweltschutz. „Es sei aber unmöglich, von heute auf morgen die eine Naturlandschaft mit einem Deichschluß in eine völlig andere zu verwandeln.“
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