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Tischrunde wird flotter

Schröder und Blair fordern Reform des Europäischen Rates: Er soll sich nicht mehr mit Milchquoten und Haftbefehlen beschäftigen und auch öffentlich tagen

BRÜSSEL taz ■ Wenige Tage bevor der Konvent zur EU-Reform seine Arbeit aufnimmt, entdecken manche EU-Politiker ihre Kompromissfähigkeit. Bei einem Treffen sozialistischer Regierungschefs vergangenes Wochenende in Stockholm entwarfen Tony Blair und Gerhard Schröder einen Brief an den amtierenden EU-Ratspräsidenten José María Aznar. Darin schlagen sie neue Spielregeln vor, die die Arbeit der Fachministerräte und des viermal jährlich tagenden Rats der Staats- und Regierungschefs effizienter machen sollen.

Schon zum Abschluss der spanischen Präsidentschaft, beim Europäischen Rat im Juni in Sevilla, soll mit einigen Zeit raubenden und lähmenden Ratsritualen aufgeräumt werden. So soll die Tischrunde, bei der jedes Ratsmitglied eine Stellungnahme abgibt, künftig durch schriftliche Zusammenfassungen ersetzt werden.

Die Staats- und Regierungschefs sollen sich bei ihren Treffen nicht länger in Einzelfragen verzetteln, sondern nur noch Grundsatzentscheidungen treffen. Details wie zum Beispiel sprachlich abweichende Formulierungen, die in der Vergangenheit dazu führten, dass Ratssitzungen wegen Übersetzungsdifferenzen verlängert werden mussten, sollen künftig außerhalb der Treffen geklärt werden.

Die Anzahl der Fachministerräte soll künftig beschränkt und der Einigungswillen der Ministerkollegen gestärkt werden. Mit der inzwischen üblichen Praxis, Konflikte auf Fachministerebene dem Rat der Regierungschefs zur Entscheidung zu überlassen, soll Schluss sein. Blair und Schröder schlagen vor, den widerborstigen Landwirtschafts- oder Innenministern jeweils ein Ultimatum zu stellen, bis zu dem sie sich geeinigt haben müssen. Mit Milchquoten und der Frage, bei welchen Vergehen der europäische Haftbefehl gilt, wollen die Chefs ihre Zeit künftig nicht mehr vertun.

Solche praktischen Verfahrensfragen könnte der Rat in Sevilla klären, ohne dass dafür die EU-Verträge geändert werden müssten. Blair und Schröder gehen aber in ihren Vorschlägen weiter. Sie wollen die Mehrheitsentscheidungen ausweiten – eine Forderung, an der die Vertragsreform von Nizza vor einem Jahr gescheitert war. Wenn der Rat als Gesetzgeber tätig ist, soll er künftig öffentlich tagen – auch dafür werden sich nicht alle Ratskollegen erwärmen können.

Blair und Schröder betonen die „Führungsrolle“ des Rates, dessen Beziehung zu den anderen europäischen Institutionen geklärt werden müsse. Obwohl die Initiative darauf zielt, unliebsamen Alleingängen des Reformkonvents vorzubeugen, reagierten EU-Parlamentarier und die Kommission gestern positiv auf die Vorschläge. „Wenn der Konvent schon vor seiner ersten Sitzung dazu beiträgt, dass sich der Rat endlich bewegt – umso besser“, sagte etwa der sozialdemokratische Vertreter im Konventspräsidium, Klaus Hänsch.

DANIELA WEINGÄRTNER

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