■ Berlin und die Kadaverbeseitigung: Tierische Fusionshilfe
Gesundheitssenator Peter Luther ist kein Mann des feinfühligen Timings. Jetzt umnebeln den glücklosen Ostberliner Christdemokraten am Ende seiner Legislaturperiode die Ausdünstungen der Brandenburger Kadaveraffäre. Mit einem merkwürdig vieldeutigen Ressortabkommen verhalf er dem dortigen Landwirtschaftsminister Edwin Zimmermann (SPD) zu einer öffentlichkeitswirksamen Atempause. Der Potsdamer Kollege steht seit zwei Jahren wegen des Baus zweier überdimensionierter und hochverschuldeter Tierkörperbeseitigungsanlagen (TBA) in der Kritik. Zu einem nicht näher definierten Zeitpunkt sollen die Berliner Tierkörper und Speisereste nun im Nachbarland verarbeitet werden. Das riecht nach fusionseifriger Amtshilfe. Berlin ist noch bis zum Jahr 2002 vertraglich an die einzige Berliner TBA in Spandau gebunden, zahlt jährlich 4,5 Millionen Mark, um 7.000 Tonnen Fleischreste zu Tiermehl verarbeiten zu lassen. Dagegen ist die Brandenburger TBA mit einem Jahresvolumen von 75.000 Tonnen zu knapp 60 Prozent ausgelastet. Speisereste werden dort derzeit überhaupt nicht verarbeitet. Ein guter Teil der Abfälle aus Küchen, Restaurants und Werkskantinen landet auf Mülldeponien. Genau das hat Luther aber Zimmermann versprochen: Berlins reichlich anfallende Speiseabfälle künftig in Brandenburg zur Futtersuppe für das Vieh verarbeiten zu lassen. Weil nur die Richtung klar ist, die Details aber reichlich verwaschen sind, drängt sich der Verdacht auf, die Berliner Privathaushalte und Gewerbetreibenden sollten über eine (noch zu erarbeitende) Gebührenordnung für Küchenreste die roten Zahlen der TBA Brandenburg schwärzen. Severin Weiland
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