Tiefbahnhof Stuttgart 21: Milliardengrab im Südwesten
Linke und Grüne fordern im Bundestag eine ehrliche Kosten-Nutzen-Analyse. Einige der S21-Verantwortlichen haben bereits kapituliert.
BERLIN taz | Der Berliner Großflughafen BER ist noch lange nicht fertig, da droht dem Bund schon das nächste Milliardendesaster bei der Verkehrsinfrastruktur: beim umstrittenen Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Davon sind jedenfalls die beiden Oppositionsfraktionen im Bundestag, Linke und Grüne, überzeugt. Sie wollen das Projekt erneut zum Thema im Bundestag machen.
„Wir fordern mehr Transparenz und eine ehrliche Bewertung von Kosten und Leistungsfähigkeit“ von Stuttgart 21, begründeten die Grünen am Freitag in Berlin einen gemeinsamen Antrag auf eine öffentliche Anhörung des Themas im Bundestag. Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn müsse sich die Frage stellen, ob er das Projekt weiter verantworten könne.
Die verkehrspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Sabine Leidig, erklärte, es gebe noch immer kein genehmigtes Brandschutzkonzept, und es sei unklar, wer „die gewaltigen Zusatzkosten“ trage. Das Projekt laufe überhaupt nicht nach Plan, und es zeichne sich ein organisatorisch-technisches Desaster ab. In kürzester Zeit hätten vier Verantwortliche die Brocken hingeworfen. „Doch die DB hält weiter an dem Projekt fest, weil es politisch beschlossen ist.“ Dies sei unverantwortlich.
Der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, sagte: Die Schwächen, Nachteile und Risiken von Stuttgart 21 werden immer deutlicher: Niemand weiß, wie viel das Projekt am Ende kosten wird und wer die erwartenden weiteren Kostensteigerungen tragen wird.“ Dies sei in erster Linie das Risiko der Deutschen Bahn (DB). Ihr werd das Geld an anderen Stellen fehlen, beispielsweise um die Infrastruktur instand zu halten und Engpässe im Netz zu beheben.
Verkehrlich werde „Stuttgart 21“ zu massiven betrieblichen Einschränkungen führen, so Gastel weiter. Die baden-württembergische Landeshauptstadt werde einen Bahnhof erhalten, der auf den Ein- und Ausstieg von Fahrgästen beschränkt ist. Für das Warten eines Zuges auf Fahrgäste anderer Züge würden die vorgesehenen Kapazitäten von acht (bisher 16) Gleisen meist nicht ausreichen. „Ein integraler Taktfahrplan mit optimalen Umsteigemöglichkeiten ist damit ausgeschlossen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?