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Thermomix-Klon von LidlDer Spion in der Küche

Hacker untersuchen die Billig-Version des smarten Küchengeräts. Sie entdecken schwere Softwareprobleme und sogar ein Mikrofon.

Der echte Thermomix – hochwahrscheinlich ohne Mikrofon Foto: dpa

Berlin taz | Er kann wiegen, mixen, zerkleinern, pürieren, emulgieren, gespeicherte oder über W-Lan abgerufene Rezepte kochen helfen, also alles, was der Thermomix von Vorwerk auch kann – möglicherweise kann die Billigheimer-Variante von Lidl sogar auch in Küche spionieren.

„Monsieur Cuisine Connect“ heißt die Küchenmaschine, die der Discounter in Deutschland schon vor einem Jahr rasend schnell verkauft hatte. Als sie jetzt in die französischen Filialen kam, rissen sich auch die dortigen Kund*innen um das Billiggerät, das gerade mal 359 Euro kostet.

Für das neueste Modell TM6 von Thermomix muss man schon einen Tausender mehr hinlegen. Der Hersteller bedauert auf seiner Webseite, „Monsieur Cuisine Connect“ sei derzeit ausverkauft.

Während sich viele Kund*innen ärgern, das Schnäppchen verpasst zu haben, warnen Technik-Experten nun aber davor, die Küchenmaschine mit dem 7-Zoll-Touchscreen-Display überhaupt anzuschließen. Den Franzosen Alexis Viguie und Adrien Albisetti gelang es, den Egoshooter Doom auf den Geräte-Computer aufzuspielen – und damit zu demonstrieren, wie leicht sich „Monsieur Cuisine Connect“ hacken lässt. Kein Wunder: Er arbeitet mit der veralteten Android-Version 6, die im Oktober 2015 veröffentlicht wurde, für die es keine Sicherheits-Updates mehr gibt.

Als sie die Maschine auseinanderbauten, fanden die beiden Hacker zudem ein eingebautes Mikrofon. In der 38-seitigen Bedienungsanleitung wird davon nichts erwähnt, und die Maschine kann auch nicht über Sprache gesteuert werden. Ein Spion für die Küche also?

Medienberichten zufolge soll Lidl erklärt haben, das Mikrofon sei einfach nur ein Teil der Hardware, aber selbstverständlich inaktiv. Ob das stimmt, lässt sich wiederum für Besitzer*innen nur mit Spezialausrüstung und entsprechenden Technikkenntnissen überprüfen. Außerdem, so Lidl, könnten die Sicherheitslücken mit Software-Updates geschlossen werden.

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11 Kommentare

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  • Bei laufendem Motor dürfte die Übertragungsqualität suboptimal sein. Da bieten Smartphone, Tablet, Notebook und Festnetztelefon die bessere Qualität. Im Fall des Mixers wird es sich wohl eher um einen Vibrationssensor handeln.

  • Niemand muss dieses Gerät ans Internet anschließen. So what?

  • Für alle interessierten, das Teil blockt zuverlässig auch google-tracker:

    blokada.org/

    Für versiertere Benutzer empfehle ich Xposed und das Modul XPrivacyLua

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Und natürlich ist eine Monsieur Cuisine Werbung bei mir unter den Kommentaren..

    Zu witzig :D

  • Warum zum Teufel glaubt Ihr, dass das Ding so billig ist?

    Na klar, ein Mikrofon ist Bestandteil des "Android". Wir erinnern uns -- Android von Google. Warum sind die nochmal so scharf an IoT?

    Wir sind nicht (mehr) das Produkt. Wir sind das von den Wilderern zurückgelassene Elefantenkadaver [1].

    Übrigens, liebe taz -- auch in Euren (von mir sehr geschätzten) Seiten sind Google-Käfer drin [2]. Ich bin realist, und auch an Euer Überleben interessiert, aber... können wir drüber reden?

    [1] www.nytimes.com/20...oshana-zuboff.html



    [2] Bei mir läuft kein Javascript, hä hä :-)

    • @tomás zerolo:

      Das allgegenwärtige tracking durch Google geht mir auch sehr gegen den Strich. Es sind ja aber nicht nur die teils anonymisierbaren Statistiken, sondern eben auch die Erpressung durch Google, schnell ladende Seiten in den Suchergebnissen zu belohnen und dafür vonseiten Googles angebotene gehostete Schriften, Scriptbibliotheken und Caches zu „empfehlen“, die bei Nutzung eben doch die vollständige IP-Adresse jedes Besuchers an Google übermitteln.

      • @Volker Maerz:

        Zu den Scriptbibliotheken und Schriften: natürlich muss man die Namensauflösung auch noch ein wenig "frisieren". Und ich bilde mir auch nicht ein, für die unsichtbar zu sein. Nur ein wenig sperriger -- das reicht mir schon.

        Zur Erpressung durch Google: das ist der perfidere Teil. Vermutlich kann eine Zeitung im Internet finanziell nicht mehr existieren, ohne Google-Käfer.

        Aber drüber reden... sollte mensch.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    10000 Jahre haben die Menschen ohne Mikrofon im Feuer gekocht. Wie sie unter diesen widrigen Umständen bis hierhin überlebt haben ist Gegenstand fieberhafter DFG-gefördeter Forschung. Man hofft, noch Hinweise zu finden, bevor sie diesen Planeten eiligst wieder verlassen. (Natürlich bleibt der Müll hier. Leider)

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Hey Alexa, schalte den Monsieur Cuisine Connect ein. Hallo Siri, bringˋ ´mal nen neues Rezept in den Kochtopf. ... und den Zutatenbestellauftrag ausführen.



    So oder so ähnlich wollen es doch die Kunden - oder?

    • @97088 (Profil gelöscht):

      Nein, ich schätze so wie in der Enterprise. Nahrungsreplikatoren. Einfach hereinsprechen was man möchte und heraus kommt das Gericht incl. Teller und Messer und Gabel, respektive Löffel. Und für die Wiederverwertung gibt es einen Schacht unter dem Gerät, oder der Tisch hat sogar ein Laufband in der Mitte.



      Wenn man sich dann noch schöne Bilder anschauen kann, bevor man bestellt, ist alles super.

      • @Vladimir Z.:

        na ja, da die Replikatoren auf der Transporter Technologie basieren, brauchen wir ja nur funktionierende Fusionsreaktoren für die benötigte Energie (OK da sind deutsche Forscher schon weiter als der Rest der Welt :-)) und dann wäre da noch die heisenbergsche Unschärferelation die man bei Star Trek so elegant mit dem Heisenberg-Kompensator umgangen hat... Aber dann gibts morgens Müsli aus dem Replikator und zur Arbeit muss man erst eine Minute vor Ankunft auf die Transporter-Plattform steigen. Alles easy peasy