Theatertipps der Woche: Durch die Jahre

Meer voller Müll an der Volksbühne. Im HAU: ein Theaterfilm zu Emmett Till von Label Noir und ein Tanzmarathon zur Generationenfrage mit She She Pop.

Vor einer Spiegelwand stehen sich Tänzer:innen gegenüber und spiegeln sich im Hintergruind ins Unendliche, vorne im Bild hält eine ältere Person, das Kinn einer jüngeren Generation in der Hand

Unendliche Generationenfrage: Szene aus „Dance Me!“ von She She Pop am HAU Foto: Benjamin Krieg

Der Name des Ortes klingt wie ein Versprechen, klingt nach Sonne, paradiesischem Strand und türkisblauem Meer: Kamilo Beach, am Pazifik gelegen, auf der östlichsten Insel des Archipels von Hawaii. Doch tatsächlich ist Kamilo Beach einer der schmutzigsten Orte der Welt. Denn besondere Meeresströmungen schwemmen hier täglich Tonnen des in den Meeren treibenden Plastikmülls an. Statt Dünen aus Sand gibt es Dünen aus Müll.

Diesen Unort hat sich die Dramatikerin Enis Maci für ihr gleichnamiges Stück ausgesucht. Und als wäre die Lage nicht schon apokalyptisch genug, rast jetzt auch noch eine nordkoreanische Bombe auf Kamilo Beach zu.

Am Strand brennen Feuer, das Plastik schmilzt zu übelriechenden Klumpen zusammen und die Menschen rechnen mit ihrem baldigen Tod. An der Volksbühne setzt Enic Maci ihren finsteren Stoff jetzt gemeinsam mit Pascal Richmann in Szene. Die Uraufführung ist am Mittwoch, dem 19. Januar (Volksbühne, „Kamilo Beach (Am Scham der Zeit)“, ab 28. 1., 20 Uhr).

Schrecklich ist die Geschichte, die dem neuen Projekt des Kollektivs „Label Noir“ zugrunde liegt: die Geschichte des afroamerikanischen Teenagers Emmett Till nämlich, der 1955 mit 14 Jahren von Weißen brutal ermordet wurde – nachdem ihn eine weiße Frau fadenscheinig beschuldigt hatte, sich ihr „unsittlich genähert“ zu haben, wie das damals hieß. Emmett Tills mutige Mutter hatte den entsetzlich entstellten Leichnam ihres Kindes damals öffentlich aufgebahrt und die Empörung, die dieses Verbrechen an dem Kind auslöste, hat wie ein Katalysator auf die Entstehung der Bürgerrechtsbewegung in den USA gewirkt.

Schwarzes Leben hier und dort
Acht Schauspieler:innen des Kollektivs "Label Noir" schauen in die Kamera, sie tragen Kostüme aus den USa der 1950er Jahre

Recherchierte transnational zu Rassismus: das Kollektiv „Label Noir“ Foto: Kasimir Bordasch

„Label Noir“ legt den Fall jetzt seiner Produktion „Emmett – tief in meinem Herzen“ zugrunde, und ein preisgekröntes Stück, das die US-amerikanische Dramatikerin Clare Coss darüber schrieb. Hinzugefügt werden Recherchen zu Schwarzem Leben in Deutschland, um auch deutsche Narrative herauszuarbeiten und ins Verhältnis zur strukturellen Gewalt zu setzten, der Schwarze Menschen permanent, und nicht nur in den USA, ausgesetzt sind: von Weißen ausgeübte Gewalt, „die den Schwarzen Körper ob seiner rassistisch konstruierten Bedrohlichkeit ungehemmt zu sanktionieren weiß – im Extremfall mit Mord“, wie Label Noir auf seiner Webseite schreibt.

Als Theaterstück geplant, wurde coronabedingt ein Theaterfilm daraus, der am 24.1. im HAU1 zu sehen ist („Emmett – tief in meinem Herzen“, Vorabpremiere im HAU1 am 24. Januar, 20 Uhr; danach vom 25. bis 27. 1. auf HAU4, der digitalen Spielstätte des HAU).

Ebenfalls im HAU hat das neue Stück der Performancegruppe „She She Pop“ Premiere, das sich mit der Frage auseinandersetzt, was es eigentlich mit den Generationen auf sich hat. Gibt es das überhaupt, Generationen? Und wenn ja, was haben sie sich zu sagen?

„Dance me“ ist die Untersuchung überschrieben und als Tanzmarathon angelegt, in dem zwei Gruppen alias zwei Generationen gegen- beziehungsweise miteinander antreten (HAU 2, „Dance me!“, Premiere 18. Januar, 19 Uhr, weitere Vorstellungen 19./21./22./23./24. Januar, je eventuell Restkarten an der Abendkasse).

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