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Archiv-Artikel

Theater verabschiedet sich mit „Jammertanz“

Der Bonner „Ballsaal“ konnte sich mit der Stadt nicht über eine Fortsetzung des Spielbetriebs einigen. Künftig spielen hier nur noch zwei Bonner Ensembles, Gastspiele wird es nicht mehr geben. Ein Grimms-Märchen ist das letzte Stück

Bonn taz ■ Wenn sich heute Abend im Bonner „Theater im Ballsaal“ der Vorhang öffnet für „GRIMM!“, dann wird die Gruppe „neubau“ die Zuschauer in die Welt der Märchen und Träume führen. Entrückend, eindringlich, einfach solle die Mixtur aus Fragment und Erzählung wirken, so der Regisseur des Ensembles, Christian Fries. In gekürzter Originalfassung kommen Rapunzel, Rotkäppchen und drei weitere Märchen, umrahmt von „traumartigen Clips“, zur Aufführung.

„GRIMM!“ sei das Ergebnis der Forschungsreise eines experimentierfreudigen Ensembles, das nach neuen Wegen gesucht habe, das literarische Genre Märchen für die Bühne umzusetzen, erklärt Fries. Diese Experimentierfreude habe in hervorragender Weise ihren Ausdruck etwa in einem „Jammertanz“ gefunden, der dank der ausgeprägten tänzerischen und schauspielerischen Möglichkeiten des dreiköpfigen Ensembles während der Probenarbeit entstanden sei.

Nach einem solchen Jammertanz ist den Theatermachern hinter den Kulissen der kleinen Bonner Spielstätte derzeit auch zu Mute. Denn das Theater im Ballsaal wird es so nicht mehr geben. Ende Juli ändert sich Grundlegendes, und darüber ist man im Leitungsteam, dem Vorstand eines im vergangenen Jahr gegründeten Trägervereins, alles andere als glücklich. Eine hohe Verschuldung des Theaters im letzten Sommer regte das Bonner Kulturamt zum Nachdenken über das Konzept des Hauses an. Zunächst sei der Etat erhöht worden, erklärten Billie Fleischer und Georg Lennarz, beide im Vorstand des Trägervereins. Im Gegenzug habe die Stadt die Ausarbeitung eines Finanzplanes für die Spielstätte gefordert. Doch habe man sich in der Folgezeit nicht auf eine gemeinsame Lösung verständigen können.

Nach langem Hickhack ist es nun beschlossene Sache: Gefördert mit jährlich 160.000 Euro wird ab Sommer nicht mehr ein Theater mit künstlerischer Leitung, sondern ein Haus für zwei Bonner Ensembles: „fringe“ und „Cocoon Dance“, die neun Monate im Jahr spielen sollen. Das hat nach Meinung der sichtlich enttäuschten Vereinsvorstandsmitglieder fatale Konsequenzen. Es werde voraussichtlich keine Gastspiele mehr geben. Und schlimmer noch: In der Theaterszene in NRW breche eine von vier Spielstätten weg, die gerade kleinen Ensembles durch Kooperation untereinander Produktionen ermöglicht habe. Mittlerweile sei das Theater wieder in den schwarzen Zahlen, deshalb sei es bitter und unverständlich, dass diese Entscheidung getroffen worden sei. Katharina Klöcker

„GRIMM!“: täglich bis 29. Mai, jeweils 20 Uhr, Theater im Ballsaal, Frongasse 9, Bonn, Tel. 0228/79 79 01. Am 5. und 6. Juni, jeweils 20 Uhr, läuft die Koproduktion „Der Schwamm“ mit der Kölner Orangerie „Tanzkonkret“