■ Mit dem Sparen auf du und du: Teurer Kundendienst
Berlin (taz) – Wer das eigene schwerverdiente Geld auf einer deutschen Bank anlegt, muß seit diesem Jahr für die dabei herausspringenden Zinsen Steuern zahlen. Finanzminister Theo Waigel hat es in solchen Fällen besonders leicht – die Banken führen die Steuern nämlich ungefragt direkt ans Finanzamt ab. Sparerinnen und Sparer bekommen das Geld nie zu Gesicht.
Es sei denn, er oder sie erteilt der Hausbank einen sogenannten Freistellungsauftrag. Unverheiratete Menschen brauchen nämlich für die ersten 6.100 Mark Zinsen, die ihnen ihr Dagobertscher Spareifer eingebracht hat, auf Antrag keine Steuern zahlen; Menschen, die vorher den Weg zum Standesamt gewagt haben, dürfen sogar insgesamt 12.200 Mark Zinsen behalten. So wollte es der Gesetzgeber.
Doch wie das mit Anträgen so ist, die Bürokratie entwickelt ein kostspieliges Eigenleben. Einige Banken wollen jetzt unbürokratischen Kunden, die es beim ersten Ausfüllen des Papiers nicht so genau genommen haben, jeden weiteren Versuch mit 10 bis 15 Mark in Rechnung stellen.
Das Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, Bernd Rodewald, begründete diese abschreckende Form von Dienst am Kunden mit den enormen Kosten, die die Freistellungsaufträge den notleidenden Banken verursachen. Die Bearbeitung aller Freistellungsaufträge habe die deutschen Kreditinstitute mehr als 2,8 Milliarden Mark gekostet, so Rodewald. Allein seine Bankengruppe komme auf rund 800 Millionen Mark; für die Sparkassen-Organisationen werde eine Milliarde Mark kalkuliert.
Vor allem die Beratung von 20 bis 25 Minuten für den einzelnen Kunden sei ein erheblicher Kostenfaktor. Und ohne Beratung geht es nicht. Von etwa 20 Millionen Freistellungsaufträgen, die bundesweit bei Volksbanken und Raiffeisenbanken eingereicht wurden, sei jeder dritte falsch ausgefüllt gewesen.
Der Bankier stellte klar, daß die Beratung für Freistellungsaufträge im Gegensatz zur Beratung, wie man als wohlhabender Sparer ein Konto im Ausland eröffnet, kein Bankservice sei. Die Banken dienten in diesen Fällen bloß „als Zahlstellen für den Staat“.
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bezeichnete die angekündigten Gebühren als nicht zulässig. Wer den Freistellungsauftrag falsch oder noch gar nicht ausgefüllt hat, sollte schon morgen die freundliche Bedienung am Schalter der Hausbank nach den Kosten für diesen Service fragen. ten
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