piwik no script img

Terroranschlag in KeniaEnde der Geiselnahme in Sicht

Mithilfe ausländischer Spezialeinheiten stürmt Kenias Armee die Mall in Nairobi. Dort hatten sich Islamisten der Al-Shabaab-Miliz seit Tagen verschanzt.

Schwarze Rauchschwaden steigen aus der angegriffenen Mall. Bild: dpa

NAIROBI taz | Eine gedrückte Stimmung hängt über der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Während die Bevölkerung in den meisten Vierteln der Stadt versucht, ein normales Leben zu führen, liegt die Bühne des Geiseldramas vom Samstag teilweise in verbrannten Trümmern. Nach letzten Angaben sind die meisten Geiseln aus dem Westgate-Einkaufszentrum befreit, nachdem Soldaten übers Dach die Angreifer der somalischen Bewegung al-Shabaab angegriffen haben.

Kurz vor dem Einsatz der Sicherheitskräfte hatten mehrere schwere Explosionen das Einkaufszentrum erschüttert. Dafür machte Innenminister Joseph Ole Lenku die Geiselnehmer verantwortlich, die in dem Gebäude ein Feuer entzündet hätten. Über dem Gebiet stand eine dicke schwarze Rauchwolke, die noch in mehreren Kilometer Entfernung zu sehen war. Außerdem waren Schüsse zu hören. Wie viele Menschen dabei getötet wurden, war zunächst nicht bekannt.

Nach 48 Stunden scheint das Ende der Geiselnahme in Sicht zu sein. Nach Informationen von Montagnachmittag kamen in den vergangenen Tagen insgesamt 62 Menschen ums Leben, darunter zwei Geiselnehmer; 175 wurden verletzt. Die Zahlen der Toten dürften allerdings noch steigen. Nach Angaben des britischen Außenministeriums befinden sich unter den Toten auch vier britische Staatsbürger.

Die Al-Shabaab-Milizen waren nicht nur schwer bewaffnet, sondern auch mit modernsten Waffen ausgerüstet. Vermutet wird, dass es sich bei den Angreifern zwar um ethnische Somalier handelt, aber mit anderen Nationalitäten. Die meisten sprachen sehr gutes Englisch. Die Angreifer gaben auf Twitter mit ihrer Aktion an und berichteten über ihren Verlauf.

Schwierige Befreiungsmission

Die vermutlich zehn Geiselnehmer hatten sich mit den Rest der Gefangenen im dritten oder vierten Stock des Gebäudes versteckt. Sie drohten, alle Geiseln zu töten, falls sie angegriffen würden. Die radikalislamistischen Terroristen machten von Anfang an kein Geheimnis daraus, dass sie selbst bereit seien zu sterben. Das erschwerte den Versuch der kenianischen Armee, gegen die Angreifer vorzugehen und gleichzeitig so viele Geiseln wie möglich zu befreien.

Nach Angaben der Angreifer war die Aktion als Vergeltung für die Vertreibung von al-Shabaab im Jahr 2011 aus ihrer letzten somalischen Bastion gedacht, der Hafenstadt Kismayo. Die kenianische Regierung bekämpft al-Shabaab aktiv, nachdem somalische Extremisten mehrere internationale Besucher in Kenia entführt hatten. Jetzt sind kenianische Truppen Teil der Militärmission der Afrikanischen Union In Somalia.

Unterstützung aus Israel und den USA

Die kenianischen Truppen bekamen Hilfe von israelischen und wahrscheinlich auch von Spezialisten aus den USA. Inwiefern Letztere an dem Angriff auf die Geiselnehmer in Nairobi beteiligt waren, ist unbekannt. Das Einkaufsgebäude ist Eigentum von Israelis ebenso wie ein Café und ein Geschäft.

Das sonst so ethnisch geteilte Kenia zeigt in diesen Tagen eine großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Das Rote Kreuz ist überwältigt von der Zahl der Blutspenden, umgerechnet Hunderttausende Euro wurden für die Opfer und ihre Angehörigen gesammelt. Präsident Uhuru Kenyatta und sein Rivale bei den Wahlen in März, Raila Odinga, besuchten gemeinsam Stellen, wo man Blut spenden konnte.

Der International Strafgerichtshof in Den Haag erlaubte dem kenianischen Vizepräsidenten William Ruto, nach Kenia zurückzukehren. Er wird beschuldigt, für die Gewalt während der Wahlen 2008 verantwortlich zu sein. Das Verfahren, das in diesen Monat begonnen hat, wurde aufgeschoben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!