Tennisturnier French Open: Kontrolliert und ziemlich stolz
Angelique Kerber zieht ins Viertelfinal-Einzug bei den French Open. Sie freut sich, dass sie den gestiegenen Erwartungen standhält. Egal, bei welchem Wetter.
PARIS taz | In der Nacht hatte sich der Sommer mit Blitz und Donner aus Paris verabschiedet. Sonntagmorgen um elf hingen dunkelgraue Wolken über dem Court Suzanne Lenglen, die Zuschauer auf der Tribüne trugen Jacken und Mäntel, und manchen war es so kalt, dass sie sich aneinanderkuschelten. Für Angelique Kerber war es in jeder Hinsicht eine neue Herausforderung; statt an lauen Abenden wie zuletzt musste sie einem kühlen Morgen ran, und solche Dinge machen einen Unterschied.
Aber Deutschlands aktuell beste Tennisspielerin ist inzwischen so stabil, dass ihr der Wechsel nichts ausmachte. Obwohl sie nervös war und fand, sie könne besser spielen, besiegte sie die Kroatin Petra Martic (6:3, 7:5) und landete damit zum ersten Mal in ihrer Karriere im Viertelfinale der French Open.
Zwei Tage zuvor beim Sieg gegen die Italienerinnen Flavia Pennetta hatte sie bereits gezeigt, was kämpferische Qualitäten in Verbindung mit der entsprechenden Fitness ausrichten können. Bei der Partie, die zu den besten des Frauentennis in diesem Jahr gehörte, hatte sie genug Kraft in den Beinen, Kontrolle im Schlagarm und Übersicht im Kopf, um nach verlorenem ersten Satz in drei Sätzen zu gewinnen.
Ihre Bilanz in Dreisatzspielen in diesem Jahr ist makellos und eindrucksvoll: Von 14 verlor sie nicht eines. Die Aufgabe gegen Petra Martic sah anders aus. Die Kroatin, Nummer 50 der Welt, präsentierte unter schwierigen Bedingungen bei böigem Wind ein variantenreiches Spiel, riskierte viele Stopps, spielte die Rückhand mal mit einer Hand und Unterschnitt, mal mit beiden, und sie gönnte sich sogar die im Frauentennis höchst selten zu sehende Variante Serve & Volley. Doch Kerber konterte, wirkte präsent und nutzte ihre Chancen konsequent.
Ziemlich stolz
Nun steht sie also nach der Premiere bei den US Open im vergangenen Jahr auch in Paris im Viertelfinale, aber sie sagt, der Erfolg von Paris bedeute ihr jetzt schon mehr als der in New York. Bei den US Open habe niemand etwas von ihr erwartet, hier dagegen schon, und deshalb sei sie ziemlich stolz auf sich.
Vor einem Jahr um diese Zeit war sie von einer Niederlage in die nächste getrudelt, und es hatte so ausgesehen, als gehe sie eher zwei Schritte zurück als einen nach vorn. Doch der von der zurzeit verletzten Kollegin Andrea Petkovic empfohlene Wechsel in die Tennisakademie von Rainer Schüttler und Alexander Waske nach Offenbach brachte die Wende. Im August 2011 hatte sie noch auf Platz 107 der Weltrangliste gestanden, seit drei Wochen gehört sie zu den besten zehn, und im Stade Roland Garros festigte sie die Position.
Ziemlich dunkel
Im Viertelfinale wird sie am Dienstag gegen Sara Errani aus Italien spielen, Nummer 24 der Weltrangliste und vor allem auf Sandplätzen stark. Angelique Kerber ist nun als Einzige aus den Reihen des Deutschen Tennis Bundes noch dabei.
Julia Görges verabschiedete sich mit einer Niederlage gegen die Niederländerin Arantxa Rus (6:7, 6:2, 2:6) und zog sich den Unmut des Publikums zu, als sie in der Mitte des dritten Satzes den Abbruch wegen Dunkelheit forderte. Später erklärte sie, unter solchen Bedingungen könne sie mit ihren sechs Dioptrin halt nichts mehr sehen, aber das war sicher nicht der Grund für die Niederlage, sondern ihre zu leichtfertigen Fehler.
Für Tommy Haas waren die French Open 2012 dagegen bei guter Sicht im hellen Licht des Tages mit der Niederlage gegen den am Ende begeisternd spielenden Franzosen Richard Gasquet (7:6, 3:6, 0:6, 0:6) zu Ende gegangen. Jetzt wird er sich ein bisschen erholen und demnächst in Halle weitermachen mit jener Tour, von der keiner weiß, ob es die letzte seiner Karriere sein wird.
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