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Temperamentvolles Temperament

■ Die Werkschau des Hamburger Filmemachers Peter Sempel wird am Sonntag mit Jonas in the Desert im 3001-Kino beendet

Über Peter Sempel wird so schnell, so gern und so leichtfertig gelacht, daß es noch nicht einmal zum Nimbus einer „umstrittenen Persönlichkeit“ gereicht hat. Könnte man meinen. Seit 15 Jahren macht er Filme, die „unkonventionell“ genannt werden müßten, wenn sie nicht so niedlich, köstlich und stümperhaft wären. Sempel ist ein klassischer Bohemien, dem die Sicherheit, die Idee zu haben, die Kraft verleiht, weiterzumachen.

Der in Australien aufgewachsene Fourty-Something weiß, daß er Dinge tun muß, die sich aus seinem Talent ergeben, auch wenn sie seine Fähigkeiten nicht immer unwiderlegbar beweisen. Anders ausgedrückt, der Filmemacher ist ein bißchen so, wie sich Andy Warhol einmal über die unzweifelhaft begabten Persönlichkeiten aus seiner New Yorker „Factory“ geäußert hat: „Leute, deren Talent schwer zu definieren ist.“

Wie bei jenen hängt Sempels Entscheidung, ein Leben in Bewegung und überschwenglicher Romantik zu führen, eng mit der Arbeit zusammen. Das Ergebnis kann schon einmal ein wenig albern anmuten. In seinen Filmen Dandy oder Der Rabe laufen Leute mit einer Kaffeekanne an den Pyramiden entlang oder zwei Kneipengäste sagen sich mit bedeutsamer Miene gegenseitig Städtenamen zu.

Dabei geht es dem Regisseur nicht darum, die Rebellion gegen den Sinn durch das Objektiv in Augenschein zu nehmen. Sempel begeistert sich für Situationen, wie sie eben vor allem in ein Drehbuch eingeschrieben sein können und läßt sich von einer querbeet durchgelesenen Literatur anregen. Zusammen ergibt das mindestens ein temperamentvolles Temperament.

Sempel verfügt außerdem über das Talent, so zu inszenieren, als wäre ihm eine Grundidee gerade vorhin beim Frühstück eingefallen. Sempel mag jemand sein, dem die eigene Unkonzentriertheit einen Strich durch die dramaturgische Rechnung macht. Auf der anderen Seite scheint nachvollziehbar, ihn für eine Art geistigen Onkel des Golden Pudel Klub zu halten. In Jonas setzt er den Avantgardefilmer Jonas Mekas ins Bild oder besser: in einen kaum verwechselbaren Sempelschen Bilderreigen. Neben aufschlußreichen Snapshots gibt es reichlich Prominente zu sehen, die sich hier zu Mekas äußern.

Eines ist nach alledem klar: Ein Film über Sempel, mit phantastischen Spielszenen und sibyllinischen Bonmots von langjährigen Bekannten, wird bald fällig.

Kristof Schreuf

So, 28. Juli, 21 Uhr, 3001

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