: Telekom beginnt mit Stellenabbau
■ Neues Logistikkonzept: Telekom baut 1.900 Arbeitsplätze bis zum Jahr 2000 ab/ Die Standorte Heusenstamm und Erfurt werden geschlossen/ Gebührensenkung für Telefonkunden nicht in Sicht
Bonn (dpa/taz) — Die Telekom setzt den Rotstift an: Mit der Zusammenlegung von Standorten und der Straffung von Aufgaben sollen in den nächsten acht Jahren 1.900 von derzeit 9.200 Arbeitsplätzen im Bereich der Logistik schrittweise abgebaut werden. Zwei Fernmeldezeugämter mit insgesamt 910 Mitarbeitern — in Heusenstamm (629) und Erfurt (281) — werden voraussichtlich bis 1995 ganz aufgelöst. Ein entsprechendes neues Logistikkonzept, das in den nächsten Jahren 60 Millionen Mark und danach jährlich weitere rund 43 Millionen Mark Betriebskosten einsparen soll, hat der Vorstand der Telekom gestern in Bonn als erste Sparmaßnahme beschlossen. Insgesamt plant der Vorstand, 20.000 der im Jahr 1990 noch 212.000 Telekom- Stellen bis Ende 1994 abzubauen.
Mit der Rationalisierung im Logistikbereich sollen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Telekom erhöht sowie die „Kunden preiswerter und besser bedient werden“, erläuterte Gerd Tenzer, Telekom-Vorstandsmitglied, vor JournalistInnen in Bonn. Entlassungen seien nicht vorgesehen. Die Beschäftigten würden innerhalb des Unternehmens versetzt und Stellen im Zuge der normalen Fluktuation abgebaut, versicherte Tenzer.
Die Einsparungen sollen vor allem über eine Reduzierung der Telekom-Standorte erfolgen. Die sogenannte externe Logistik — die für die Reparatur und Installation von Geräten wie Telefon und Telefax zuständig ist — wird künftig von Euskirchen und Bremen aus geregelt. „Euskirchen wird der zentrale Standort für die Lagerung und Verteilung aller neuen Endeinrichtungen. Bremen ist der neue Schwerpunkt für die Instandsetzung von Telefonen“, sagte Tenzer. Die Versorgungsbezirke werden von 15 auf zehn reduziert. Computergestütze Systeme sollen die Kosten im Versand, Transport und der Lagerung weiter reduzieren.
Die Investitionen in den neuen Bundesländern würden aber nicht verringert. „Wir wollen nicht die Gewinne erhöhen, sondern die Preise senken, um dem wachsenden Wettbewerb standzuhalten“, meinte Tenzer. Mögliche Gebührensenkungen für die Telefonkunden stellte das Vorstandsmitglied allerdings nicht in Aussicht.
In ihr Sparkonzept plant die Telekom langfristig auch eine stärkere Beteiligung der Kunden ein. Wesentliche Voraussetzung für das Konzept sei die Ausstattung aller Haushalte mit einheitlichen Steck-Anschlußbuchsen — dem sogenannten TAE- Konzept (Telekommunikations-Anschluß-Einheit). Somit könnten „unsere Kunden gekaufte oder gemietete Telefone durch einfaches Einstecken des Steckers ohne Service-Aufwand selbst anschließen“, sagte Vorstandsmitglied Dieter Gallist. Bis 1995 sollen alle bundesdeutschen Haushalte einen solchen Stecker erhalten — der Eigeneinbau sei ebenfalls möglich. Geschätzte Kosten dieser Umrüstung für die Telekom: eine Milliarde Mark.
Im Rahmen eines „Bring in“-Service“ der Telekom, der 1993 eingerichtet werden soll, können Kunden bei Reparaturen dann ihre defekten Apparate bei einem Telefonladen selbst austauschen oder sie dorthin einschicken. Wer dennoch einen Telefonservice in den eigenen vier Wänden wünscht, müsse das künftig zusätzlich bezahlen. Sollte dieser Plan umgesetzt werden, könnten jährlich weitere 500 Millionen Mark und damit etwa 12,5 Prozent der Servicekosten eingespart werden, meint Gallist. Bezogen auf den heutigen Stand mit 30.000 Service-Mitarbeitern bringe das Konzept Einsparungsmöglichkeiten für 11.000 Stellen, doch werde es auch hier keine Entlassungen geben.
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