: Telefonieren kein Problem...
■ Köln: Ricke verspricht DDR das modernste Fernmeldenetz / Sieben Millionen Telefonanschlüsse fehlen / Sieben Jahre dauert der Anschluß an den Westen
Köln (ap) - Die DDR wird gegen Ende des Jahrzehnts nach den Worten des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bundespost Telekom, Helmut Ricke, über „eines der modernsten, wenn nicht das modernste Telekommunikationsnetz der Welt oder zumindesten Europas“ verfügen. Ricke schränkte allerdings ein, es werden mindestens sieben Jahre dauern, bis die Versorgung der DDR mit Telefonen und anderen Fernmeldediensten westlichen Standard erreicht hat, „unabhängig davon, wieviel Geld man hineinsteckt“.
Ricke wies in seinem Vortrag auf die steigende Bedeutung der Telekommunikation für die moderne Industriegesellschaft hin. Bis Ende des Jahrzehnts dürfte der Telekom-Sektor nach EG-Berechnungen sieben Prozent des Bruttosozialprodukts erreicht haben. In der Bundesrepublik wird er dann den Automobilsektor überholt haben. Angesichts der politischen Veränderungen in Osteuropa kann sich die Telekom nach den Worten Rickes aber nicht nur auf den Ausbau ihrer Position im bundesdeutschen und internationalen Wettbewerb beschränken. Die Telekom strebt ebenso wie die Postdienste (die sogenannte Gelbe Post) eine schnelle Postunion mit der DDR an. Bundespost Telekom und die vor einer Woche neugegründete Generaldirektion Telekom der DDR-Post haben einen Unternehmensausschuß sowie einen paritätisch besetzten Arbeits- und Koordinierungsausschuß mit Sitz in Ost-Berlin gegründet.
Unter dem Arbeitsausschuß sollen zehn Arbeitsgruppen am Auf - und Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur in der DDR und der Verbesserung der Fernmeldeverbindungen zwischen Ost und West arbeiten. Die verwendete Technik soll mit der in der Bundesrepublik kompatibel sein. Der Nachholebedarf der DDR liegt bei sieben Millionen Telefonanschlüssen. Das Investitionsvolumen wird auf 30 Milliarden Mark geschätzt. Weitere 20 bis 30 Milliarden Mark werden für den Aufbau von Datenkommunikation, Mobilfunk und im Bereich der Hörfunk und Fernsehversorgung erforderlich. Etwa 30 Prozent der 60 Milliarden Mark entfielen auf Leistungen, die von mittelständischen Unternehmen in der DDR erbracht werden könnten und damit dort Arbeitsplätze schaffen würden. Vor dem gut besuchten „Postforum“ warb Ricke für eine realistische Betrachtung der Ausbaugeschwindigkeit. „Wir können nicht für die nächsten Wochen und Monate drastische Verbesserungen der Kommunikationswege versprechen“, sagte er. Es werde aber mit großem Druck und unter Vermeidung bürokratischer Hemmnisse gearbeitet. Immerhin sind in Einzelbereichen Fortschritte abzusehen. So soll nach den Worten Rickes noch in diesem Monat Potsdam an das Mobilfunk -C-Netz angeschlossen werden. Magdeburg und die Transitstraßen nach Berlin sollen bis zum Jahresende folgen. Ferner sollen bis 1997 etwa 15.000 Datex-P-Anschlüsse für den Datenaustausch zwischen Computern in der DDR geschaltet sein. Die ersten 4.000 davon sollen nach den Worten Rickes innerhalb der nächsten zwölf bis 15 Monate eingerichtet werden.
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