: Teilzeitarbeit jetzt abgesegnet
■ Erster Vertrag in der Chemieindustrie / Anteilige Urlaubsregelungen und Zuschläge tariflich festgeschrieben / 40.000 teilzeitarbeitende Chemiearbeiter und -angestellte betroffen
Frankfurt (ap) - Zum ersten Mal haben Arbeitgeber und Gewerkschaften in einem großen Tarifbereich, der Chemieindustrie, die Teilzeitbeschäftigten in einem Vertrag sozial abgesichert. Nach dem Abkommen, das beide Seiten am Montag in Frankfurt unterschrieben, sollen die derzeit rund 40.000 teilzeitarbeitenden Chemiearbeiter und -angestellten in der Regel nicht weniger als vier Stunden pro Tag arbeiten und anteilmäßig Urlaub sowie alle Zuschläge und Vergünstigungen bekommen, die auch den Ganztagsbeschäftigten zustehen. Als Starthilfe können zudem Berufsanfänger nach der Lehre zunächst einen Teilzeitarbeitsplatz annehmen, wenn der Betrieb keinen vollen Arbeitsplatz für sie hat. Der Vorsitzende der IG–Chemie–Papier–Keramik, Hermann Rappe, sowie der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Chemie, Karl Molitor, sprachen von einem wegweisenden Vertrag, der auch zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beitragen könne. „Man kann jetzt auch werben für Teilzeitarbeit, mit Anstand“, sagte Rappe vor Journalisten. Molitor sagte, das Interesse bei den insgesamt knapp 700.000 Chemiebeschäftigten an Teilzeit nehme zu. Die Betroffenen sollten mit dem Vertrag aus ihrer Randrolle herausgeholt und sozial abgesichert werden. Beide würdigten den sachlichen Umgang miteinander, der den Vertrag möglich gemacht habe. In dem Abkommen legten beide Seiten fest, daß nur in Ausnahmefällen einzelne Arbeitnehmer so wenig Stunden ableisten können, daß sie unter der Pflichtgrenze für die Sozialversicherung von 430 Mark pro Monat liegen. In dem Fall müssen die Unternehmer die Mitarbeiter aber auf die Risiken aufmerksam machen: Versicherungsschutz gibt es nicht, da keine Beiträge zur Renten–, Kranken– und Arbeitslosenversicherung bezahlt werden. Rappe sagte, Ziel seiner Gewerkschaft sei es, diese geringfügige Beschäftigung so weit wie möglich zu verringern.
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