Serie Hegemionalmacht USA, Teil 12: Technokrieg gegen Japan
■ Auf dem Halbleitermarkt dämmert das "Amerikanische Jahrhundert" seinem Ende entgegen / Japaner als "bessere Kapitalisten"
Es ist schon fast fünf Jahre her, daß der bekannte amerikanische Computerwissenschaftler Edward Feigenbaum zum Heiligen Krieg gegen die japanische Herausforderung rief. Die USA - so Feigenbaum - sollten ihren technologischen Vorsprung nicht nur gegen die Ostblock–Länder verteidigen, sondern auch gegen die „besseren Kapitalisten“, wie sie in Japan beheimatet sind. Sollte das „amerikanische Jahrhundert“ nicht bald zu Ende gehen, dann seien Verteidigungsmaßnahmen gegen die technologische Invasion aus Japan notwendig. Und Feigenbaum, dem schwärmerischen Anhänger des freien Marktes, blieb nichts anderes übrig, als ein staatlich koordiniertes Forschungsprogramm vorzuschlagen, das die technologische Herrschaft der USA für weitere hundert Jahre sichern soll. 1987 erreichte diese Anti–Japan–Stimmung in den USA neue Höhepunkte. Der Versuch des japanischen Konzerns Fujitsu, die amerikanische Halbleiterfirma Fairchild zu kaufen, wurde direkt von der amerikanischen Regierung blockiert. Ein paar Wochen, nachdem die taz schon gemeldet hatte: „Japan kauft Silicon Valley“, konnten das Verteidigungsministerium und der Verband der amerikanischen Halbleiterproduzenten die geplante Übernahme torpedieren. Fujitsu muß mit leeren Händen den Rückzug antreten. Auch der japanische Konzern NEC muß seit Monaten gegen Handelsbeschränkungen und Prozeßdrohungen kämpfen. Der Streitpunkt sind die von NEC gebauten Mikropozessoren der V– Reihe, die kompatibel zu den Mikroprozessoren der Firma Intel sind. Die Chips von Intel sind das Herzstück des populären IBM– PC–Rechners und werden millionenweise verkauft. Die schnelleren und mächtigeren NEC– Chips können die Intel–Prozessoren ersetzen. Dies reichte aus, um eine Klage von Intel gegen NEC wegen technologischer Piraterie einzureichen. Schließlich wurde jedes Monatsende, an dem das Handelministerium die jeweiligen monatlilichen Handelsbilanzzahlen veröffentlichte, zum Anti–Japan– Tag. Trotz der seit 1986 erfolgten Abwertung des Dollar mit der entsprechenen Aufwertung des Yen hat sich die negative Handelsbilanz mit Japan keineswegs verbessert. Autos, Videorecorder und Fernseher überschwemmen weiter den amerikanischen Markt. Eine einzige amerikanische Firma produziert noch heute Fernseher in großen Stückzahlen. Alle anderen gingen wegen der japanischen und koreanischen Importe „out of business“. Solange nur bestimmte Bereiche der Konsumelektronik der Handelsoffensive der Japaner und anderer ostasiatischer Länder zum Opfer fielen, bleiben die ame rikanischen Großkonzerne noch ruhig. Als jetzt aber die ganze Grundlage der Elektronikindustrie, nämlich die Produktion von Chips, fast zum Verschwinden verurteilt schien, griffen die Vertreter des Freihandels zu Handelsbeschränkungen. Die Angst, daß der wichtigste Sektor der verarbeitenden Industrie der neunziger Jahre voll nach Asien verlagert werden könnte, sitzt tief in den Knochen der amerikanischen Strategen. Mit Recht, denn die jetzigen Prognosen sehen vor, daß bis 1996 nur zwei amerikanische Firmen unter den ersten zehn größten Halbleiterproduzenten rangieren werden. Sieben davon werden aber japanische oder koreanische Firmen sein. Diesen Alptraum zu verhindern, ist die erklärte Absicht der amerikanischen Regierung. Um der japanischen Herausforderung zu begegnen, haben die Reagan–Regierung und die Elektronikfirmen ganz unamerikanische nationale Projekte ins Leben gerufen: In Texas arbeiten zum Beispiel ungefähr 600 Wissenschaftler am MCC, einem von Computerfirmen gegründeten Think–Tank, der heute noch unrentable Forschung über Supercomputer und künstliche Intelligenz betreibt. Die Antimonopol– Gesetze werden seit 1981 großzügiger als früher interpretiert, sodaß die amerikanischen Konzerne in der Lage sind, ihre ganze geballte Kraft gegen die japanische Konkurrenz zu richten. Auch die Strategic Computing Initiative (SCI), das Komplement zu SDI, darf nicht vergessen werden. In ihrem Rahmen werden schon heute viele der wichtigsten Forschungsprojekte an amerikanischen Universitäten durchgeführt. Der Verband der Halbleiterfirmen in den USA hat darüber hinaus mit Hilfe des Verteidigungsministeriums ein neues gemeinsames Konsortium gegründet. Diese neue Firma namens SEMATECH, an der 40 Halbleiterfirmen Aktionäre sind, wird versuchen, die Japaner auf ihrem eigenen Gebiet zu übertreffen, nämlich in der Prozeßtechnik. Die Japaner haben sich auf dem Weltmarkt so schnell behaupten können, weil sie die Chip–Produktion virtuos geführt haben. Japanische Firmen haben schneller und gründlicher als die amerikanische Konkurrenz die Produktion automatisiert. So sind sie in der Lage, mehr funktionsfähige Chips in jedem Produktionsvorgang zu erzeugen und auf diese Weise die Kosten nach unten zu drücken. Die ständigen Angriffe gegen die Japaner, weil sie vermeintlich Chips zu Dumping–Preisen auf dem Weltmarkt verkaufen, sind nur Ausdruck der Hilflosigkeit der amerikanischen Firmen angesichts dieser Situation. Was für sie nur „Phantasiepreise“ sind, sind aber wohl profitable Preise für die japanischen Konzerne. Der Erfolg Japans und anderer Länder auf dem Halbleitermarkt war vorprogrammiert. Seit 1966 ist die Halbleiterindustrie in die Richtung einer immer breiter werdenden Standardisierung der Chip–Bausteine gegangen. Der größte Teil der Chip–Produktion verwandelte sich in Produktion von sogenannten „Commodity– Chips“. Das sind Chips, für deren Massenfabrikation keine große technische Hürde überwunden werden sollte und für die ein breiter Markt schon vorhanden war. In diesem Moment waren aber Länder wie Japan oder ihre asiatischen „Clones“ am Zug, da sie besser als andere die Kosten eines standardisierten Produkts zum absoluten Minimum zu führen verstehen. Japan kann also mit SEMATECH allein nicht erfolgreich bekämpft werden. Die Lösung liegt woanders, nämlich in der Verwandlung der Chip–Produktion in einen Hi–Tec–Zweig, wo Chips nicht fast wie „jelly–beans“ produziert werden, sondern wo jeder Chip auf das Maß des Kunden zugeschnitten wird. Nicht–Standard–Chips sind die Welle der Zukunft, an dem Silicon–Valley anknüpfen möchte. Diese Chips werden speziell für jede Anwendung programmiert und werden nicht in großen Stückzahlen verkauft. Sie ersetzen außerdem viele der Commodity–Chips. Damit ist das neue Terrain der Auseinandersetzung mit Japan eröffnet worden. Bis zum Jahr 2000 wird sich entscheiden, ob Japan oder die USA die unangefochtene Vorherrschaft auf dem Halbleitermarkt erringen können. Eine solche Vorherrschaft in der zukünftigen Schlüsselindustrie wird auch über die weitere Position in der kapitalistischen Weltwirtschaft mitentscheiden. Liebe Rätselgemeinde, nachdem nun die „Schw werden - zum gleichbleibenden Abo–Preis. Die etwas fetteren Linien signalisieren jeweils: Wortende. Die Lösung des Rätsels wird der Rätselgemeinde natürlich wieder mit der Aussicht auf Preise versüßt Antiberliner“) und einem T–Shirt (“Antiberliner“) verlost. Das Lösungswort finden wir, wenn wir die Buchstaben aneinanderreihen, die in die Kästchen gehören, in denen extranummerierte Quadrate zu sehen sind. Bis zum 28.11. müssen die Lösungen eingegangen sein bei der taz–Wirtschaftsredaktion, Wattstr. 11–12, 1000 Berlin 65. Damit auch nach der Sommerpause gleich keine Illusionen aufkommen: Der Rechtsweg ist und bleibt ausgeschlossen, jetzt und immerdar.ulk
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