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Technofetischismus und Kriegsbilder

■ Die Bombardierung des Bagdader Schutzbunkers KOMMENTARE

Die Bilder sind da, und wer fähig ist, sie zu sehen, dem werden sie sich ins Gedächtnis einprägen. Die Bilder von den Opfern des Bombardements auf den Bagdader Luftschutzbunker verpflichten dazu, sich die Leiden aller Opfer dieses Krieges zu vergegenwärtigen, auch der irakischen Soldaten, die in den „killing boxes“ der US- Luftwaffe jetzt laut einem amerikanischen Militär „der Hölle“ ausgesetzt sind. Denn der Mensch ist ein Wesen mit Vorstellungskraft, und das gibt uns die Freiheit, uns der Zensur und Propaganda aller Kriegsparteien zu widersetzen, die uns via Satellit zu Mitspielern machen wollen. Wer gegen diesen Krieg ist, benötigt für den Impuls der Empörung und ihr politisches Denken und Handeln nicht den fernsehvermittelnden Schrecken. Und wer diesen Krieg aus dem eigenen Wahrnehmen und Handeln heraushalten will, wird sich auch durch den Anblick der grausam zugerichteten Menschenleiber nicht verstören lassen wollen — von einem kurzen, obszönen Schockmoment ausgenommen. Ingeborg Bachmann ließ eine ihrer Romanfiguren sagen: „Ich brauche doch nicht die Bilder von Toten, um meine politische Gesinnung zu stimulieren.“ Dem läßt sich nichts hinzufügen.

Und dennoch, diese Bilder führen vor Augen, daß die Strategen im Weißen Haus schlicht lügen. Versuchten diese doch bisher, die Öffentlichkeit glauben zu machen, dieser Krieg ließe sich mit „intelligenten“ Waffen „sauber“ führen. Die technologische Kapazität sei nicht Garant einer nie dagewesenen Potenz, Menschen umzubringen, sondern sei im Gegenteil Garant einer Art Humanisierung des Krieges. Das wird durch den Bagdader Schreckensmorgen widerlegt. Wie „effizient“ die intelligenten Waffen auch immer sein mögen — es sind Menschen, die die Einsatzbefehle geben. Die militärische Aufklärung irrte sich oder ließ sich in die Irre leiten — und die Effizienz der lasergesteuerten Bomben beweist sich aufs furchtbarste.

Der Glauben an die Humanisierung des Krieges ist vielleicht die letzte, perverseste Stufe von Machbarkeitswahn und männlicher Technologiehörigkeit. Und das Entsetzliche ist: daß die Technofetischisten der USA mit Saddam Hussein auf einen Gegner treffen, der aufgrund seiner Skrupellosigkeit und Menschenverachtung fähig sein könnte, sich diese Art der Kriegführung möglicherweise zunutze zu machen, indem er die Zivilbevölkerung als „Schutzschild“ für militärische Einrichtungen mißbraucht. Laßt uns hoffen, daß dies nicht so ist. Helga Lukoschat.

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