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Take a Look Around

■ Das Terremoto-Festival auf der Trabrennbahn will den derzeitigen Stand des Alternative Rock aufzeigen

Hamburg – Tor zur Welt. Das klingt gut, doch zumindest die Musiker dieser Welt tun sich schwer damit: Zu bescheiden sind die Auftrittsmöglichkeiten in der Möchtegern-Metropole. Jetzt gibt es also ein eigenes Festival für Hamburg. Auf einen einzigen Sonntag gelegt, versucht das Terremoto wohl auch solche Hamburger zu locken, die schon alles gesehen zu haben glauben.

Das Terremoto versammelt einen Großteil der Bands, die zur Zeit die Alternative-Rock-Szene bewegen. Auf der Hauptbühne geben sich Bands die Plektren in die Hand, auf die zumindest eins zutrifft: Sie verkaufen ordentlich Platten und gehören zur hippen Creme des Alternative.

Kurzfristig hat sich Beck Hansen entschieden, nicht zur selben Zeit im Stadtpark aufzutreten, sondern sich zum Terremoto zu gesellen. Warum der näselnde Headliner ins Zelt verbannt wurde, bleibt allerdings ein Rätsel.

Die restlichen Bands setzen sich im wesentlichen aus den erfolgreichsten jungen Hüpfern der USA, Englands und der heimischen Region zusammen. Längst nicht mehr „the next big thing“ sind Fred Dursts Limp Bizkit. In einer Melange aus Korn, Kid Rock und Eminem diktieren sie derzeit, was zwischen New Metal und HipHop schwer in ist. Logischer und perfekt getimter Schachzug: ihr Titelsong zum Blockbuster M:I-2.

Ähnlich erfolgreich in den Staaten ist ein Revival des Fun-Punk: Blink 182 spielen schnellen, poppigen Punk. Lustige Videos á la Backstreet Boys und ein breites Grinsen im Gesicht – das hat Charme und verwies auf ihrer US-Tour Bad Religion ins Vorprogramm.

Weitere Ami-Helden? An den Auftritt der Foo Fighters sollte man besser erst dann glauben, wenn Dave Grohl die Bühne tatsächlich betritt. Auch beim Hurricane-Festival standen sie bereits zweimal auf dem Line-Up, sagten jedoch immer wieder ab – per Fax ein paar Tage vorher. Doch wer einst bei Nirvana trommelte, dem verzeiht man alles.

Mit frischem Album und Schminkkoffer reisen Placebo aus Britannien an. „Change your taste in men“, empfiehlt ihr androgyner Schönling Brian Molko. Mehr melancholisch als sexy sind Muse, sicher der beste Tipp auf der kleinen Bühne im Zelt. In punkto Psycho-Blick dürfte Thom Yorke Pate gestanden haben.

Und was haben die einheimischen Bands dagegenzusetzen.? Die Lokal-Matadore Tocotronic sicher den besten Satz der deutschen Rockmusik: „Das haben sich die Jugendlichen selbst aufgebaut.“ Die Pinguin-Scheisse-Affen aus Göttingen demonstrieren gerade eindrucksvoll, wie erfolgreich sich eine Band von den Ausläufern des Harzes in den USA verkaufen kann. Das verdient Respekt, auch wenn Front-Kreischerin Sandra von den Guano Apes arg Geschmackssache bleibt. Und last but not least die one-hit-wonder-Jungs aus Flensburg mit ihrem irischen Sänger Reamonn: „Supergirls just fly“. Na also: „Let there be rock!“

Volker Peschel

Terremoto 2000 mit Beck, Limp Bizkit, Foo Fighters, Placebo, Guano Apes, Blink 182, Muse, Reamonn, Tocotronic, Deftones, Mr. Bungle u.a.; Sonntag, 20. August, Einlass: 13 Uhr, Beginn: 15 Uhr, Trabrennbahn Bahrenfeld

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