Tätowierungen bei Polizisten: Polizisten zeigt eure Tattoos!
Berliner Polizisten müssen jetzt ihre Tätowierungen im Dienst nicht mehr verstecken. Richtig so. Die Zeiten, als Tattoos noch rebellisch waren, sind vorbei.
A ls ich mir vor zehn Jahren mein erstes Tattoo stechen ließ, war meine Mutter völlig entsetzt. Mittlerweile macht sie sich darüber lustig, dass wir Tätowierten mit unserem Streben nach Individualität am Ende alle gleich aussehen. Jeder fünfte Deutsche ist laut einer Studie der Universität Leipzig tätowiert, und es werden immer mehr. Bei den Frauen zwischen 25 und 34 trägt sogar jede zweite die permanente Körperkunst.
Die Zeiten, als Tattoos noch rebellisch waren, sind vorbei. Heute kann sich sogar die Gattin eines (ehemaligen) Bundespräsidenten damit zeigen. Und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Polizei müssen ihre Tätowierungen im Dienst nicht mehr verstecken. Die Senatsinnenverwaltung bestätigte am Donnerstag eine Änderung der „Polizeidienstvorschrift 350“. Demnach sind Tätowierungen nun grundsätzlich erlaubt – auch an sichtbaren Stellen wie den Unterarmen.
Warum auch nicht? Ein Tattoo provoziert heutzutage keinen mehr – höchstens mich, wenn mal wieder jemand die klischeehaften Sterne und Schwalben oder den Namen des Freundes in Schnörkelschrift auf der Haut verewigt hat. Selbst die sogenannte Knastträne unter dem Auge findet sich heute auf Hipster-Gesichtern. Einst bedeutete sie, dass ihr Träger einen Mord begangen hatte.
„Früher gehörten Tattoos und Piercings in die Schmuddelecke“, sagt Elmar Brähler von der Uni Leipzig, der die Tattoo-Lust der Deutschen erforscht hat. „Seemänner und Prostituierte waren tätowiert. Heute gelten Menschen mit Körpermodifikationen als aufgeweckte, interessierte Menschen, die sich zu einer sozialen Gruppe bekennen.“ Wie Polizeibeamte eben.
Während in anderen Bundesländern über die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten diskutiert wird, sind unsere Beamten künftig nicht nur durch komplizierte Kennnummern identifizierbar, sondern auch durch ihre Tattoos. Obwohl: die haben ja dann auch alle die gleichen Herzchen, Tribals oder chinesischen Schriftzeichen.
Ein Polizist mit Neonazi-Tattoo darf natürlich weiterhin gefeuert werden, wie es Ende letzten Jahres in Berlin geschah. Tattoos, die gegen „die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen“, seien immer noch verboten.
Und auch den Polizisten oder die Polizistin mit dem berüchtigten Tränentattoo wird es nach wie vor nicht geben. Denn an Händen, Hals und im Gesicht bleibt die Körperkunst unzulässig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?