Die Vorschau: Tärääää!
■ Die Mannheimer Blasmusiker Mardi Gras BB. beehren heute das Moments
Blechblaskapellen haftet der Ruf an, immer etwas dull zu sein, öde bis reaktionär, so als handele es sich um Ernst Moschs Egerländer oder um Dixieland-“Jatz“-Formationen. Offensichtlich hat das jedoch nicht seinen ursprünglichen Grund im Vorhandensein des Blechgebläses an und für sich.
Gerade erst am Donnerstag bewies die rumänische „Fanfare Ciocarlia“ im Schlachthof, dass auch in diesem archaischen Klangkörper ein Irrsinn walten kann, der ansonsten eher bei Speedmetal-Typen zu Werke geht. Die „Mardi Gras BB.“ ist ein etwas anders gelagerter Fall.
Wo die „Fanfare Ciocarlia“ – sozusagen als Betroffene – von innen heraus die heimische Hochzeitsmusik beschleunigen, da mussten die aus Mannheim stammenden Musiker sich erst von den Sounds des Mardi Gras, des Karneval in New Orleans, gehörig den Marsch blasen lassen, sich von der eigenen musikalischen Vergangenheit, die zum Teil auf alten Krautrock-Adel und Punkerzirkel zurück geht, auf Zeit verabschieden, sich ganz den Schwingungen überlassen, die Doc Wenz mit seinem Partner Reverend Krug in den schwülen Nächten Louisianas in sich aufgenommen hatten. Dann erst fügten sie hinzu, was eigentlich sachfremd war: einen DJ, die Erkennungsmelodie der „Munsters“ und „Riders On The Storm“ von den „Doors“ – also das unbefangene Wissen Nachgeborener mit dem unbedingten Willen, den sumpfigen Funk, den schweren Groove, die schwitzige Funkiness der Vorbilder möglichst restlos in sich aufzusaugen um darüber verfügen zu können.
Dr. John, die bedrohlichen Untertöne des Mardi Gras, wie er im „Easy Rider“ zu sehen ist, verschnitten mit dem finsteren Trip der beiden Sinnsucher, verkörpert von Peter Fonda und Dennis Hopper, den Schmutz, der den Traditionalisten auf dem Weg zur Musealisierung lästig geworden war – so erhält der Sound der „Mardi Gras BB.“ einen Glamour-Anstrich, der eben auch und sogar ein „Doors“-Cover noch als sinnvoll erscheinen lässt.
Wobei das epische Original virtuos eingeschmolzen wird auf ein paar verschwitzte, funkige Minütchen, während derer wirklich nur wenig an die „Doors“ erinnert.
Andreas Schnell
Heute, 20 Uhr, im Moments in der Reihe „Sparkasse in Concert“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen