TV-Rechte für Bundesliga: Ende eines Booms
Nach dem Scheitern des TV-Vertrags mit Leo Kirch müssen die Bundesligaklubs mit Einbußen rechnen. Jetzt wird wieder über die Zentralvermarktung der Liga-Rechte diskutiert.
Auf den Medienmärkten dieser Welt hat Rupert Murdoch schon so manchen Schrecken verbreitet, nur in Deutschland sind seine Unternehmungen regelmäßig gescheitert. Jetzt ist er wieder einmal im Herzen Europas aktiv, seine News Corp besitzt seit einigen Monaten 25,1 Prozent des Bezahlsenders Premiere, und plötzlich ist auch der deutsche Fußball auf das Wohlwollen des australischen Medienmoguls und seiner Manager angewiesen. Weil das Bundeskartellamt entscheidende Details der Zusammenarbeit zwischen Deutscher Fußball-Liga (DFL) und Leo Kirchs Sirius untersagt hat, agiert Premiere wohl als Monopolist, wenn demnächst für die Pay-TV-Rechte an der Fußballbundesliga geboten wird.
Es gilt als wahrscheinlich, dass die Rechte wie bisher an die ARD (Free-TV) und eben Premiere (Pay-TV) gehen, zwei nahezu konkurrenzlose Bieter. Günter Struve, Programmdirektor der ARD, hat bereits verkündet, die Bundesliga "nicht abtropfen" zu lassen, aber was macht Premiere? Der Preis von bislang 240 Millionen Euro im Jahr könnte erheblich sinken. Von Einbußen bis zu 40 Millionen Euro ist jetzt die Rede.
Nur zu gerne würde die DFL deshalb gegen die Vorgaben des Kartellamtes klagen, das ausführliche Zusammenfassungen vor 20 Uhr im Free-TV vorschreibt, weil sonst das Modell der Zentralvermarktung als Kartell verboten werden müsse. Doch ein Widerspruch ist nicht möglich. Die Behörde formulierte eine "nicht beschwerdefähige Einschätzung", sagt DFL-Vorstand Michael Meier, "das betrachte ich als nicht ausgewogen, das ist eine Schwäche, dass man so etwas nicht auf einer höheren Instanz verhandeln kann".
Der Höhepunkt des deutschen Fußballbooms, den die WM 2006 markierte, ist wohl überschritten. Die Einschaltquoten der Länderspiele sinken, einige Bundesligaklubs haben Probleme, ihre Angebote für ein exklusiveres Publikum zu vermarkten, und: Premiere verliert kontinuierlich Abonnenten. Wolfgang Holzhäuser, der Geschäftsführer von Bayer Leverkusen, sagt zwar: "Die Steigerungsraten im europäischen Umfeld sind ja vorhanden. Ich glaube, das Gut Bundesliga ist mehr wert, als derzeit bezahlt wird." Doch weder Premiere noch die ARD können ihre Kosten für den Fußball refinanzieren.
Das ewige Argument vom europäischen Vergleich ist längst nicht mehr überzeugend. Die TV-Einnahmen der Liga müssen auch in Kombination mit dem Sponsoring betrachten. Eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfer "Deloitte & Touche" zeigt, dass die Bundesliga in der Addition von TV-Geldern, Sponsoring und sonstiger Einnahmen mit 1,06 Milliarden Euro auf Platz zwei hinter England (1,47 Milliarden) liegt. In Italien (1,0) und Spanien (0,98) erwirtschaften die Klubs weniger. Mehr Geld haben die Vereine aus den anderen Nationen, weil sie mehr Schulden machen, weil es Investoren gibt, die ihr Kapital einbringen, und weil das Geld anders verteilt wird. Die namhaften Großklubs erhalten einfach oftmals größere Anteile aus dem Topf.
Das könnte nun bald auch in Deutschland passieren. Denn die Empfehlung des Kartellamtes ist auf den ersten Blick ein Segen für die Freunde der samstäglichen Sportschau, sie "könnte sich aber auch als Pyrrhus-Sieg entpuppen", sagt DFL-Vorstand Andreas Rettig. Denn die Behörde liefert Argumente für die Kritiker an der zentralen Vermarktung, die eine gerechte Verteilung der Fernsehgelder auf alle 36 Profiklubs garantieren soll. "Wenn ich das unter puristischen, wirtschaftlichen Aspekten sehe", sagt Michael Meier, "dann hat man mich als Marktteilnehmer dazu aufgefordert, die dezentrale Vermarktung zu machen."
Meier ist auch Manager des 1. FC Köln, eines Traditionsklubs, der sich mit einem dezentralen Vermarktungsmodell in der Geldrangliste aus dem unteren Mittelfeld ins obere Drittel katapultieren könnte. Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, ist seit Jahren ein heftiger Kritiker der Zentralvermarktung. Diese Fraktion könnte nun an Bedeutung gewinnen. "Wenn da mal die Dämme brechen, dann würde ich ganz große Gefahren sehen", sagt Rettig, der als Manager des FC Augsburg ein Interessenvertreter für die kleineren Klubs ist.
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